Initiative zum Erhalt der Klinik Holweide und Kinderklinik hält Kölner Gesundheitspolitik in der Öffentlichkeit

Bleibt dran!

Jekatarina Belilowa

Aufatmen soll es im Rat der Stadt Köln gegeben haben nach dem Scheitern des Bürgerbegehrens für den Klinikerhalt. Zwar kam das Begehren nicht aus dem Kreis der Initiative in Holweide, sondern war ein Gewächs aus Köln-Nippes, aber nach Überreichung der Unterschriften der Petition und dem Scheitern des Begehrens mag sich die Stadtspitze gedacht haben: Jetzt ist aber mal Schluss.

Dass dem noch lange nicht so ist, zeigte eindrucksvoll die von der Initiative organisierte Demonstration am 18. November in Köln-Mülheim, die vor dem Wahlkreisbüro von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) endete. Es war ein bunter und langer Demonstrationszug mit lauten Forderungen und vielen Transparenten mit eben nicht nur lokalem Bezug.

Die Holweider Initiative versteht sich als Bündnis aus Bürgern beziehungsweise Patienten und Beschäftigten. Zahlreiche Beteiligte sind Gewerkschaftsmitglieder und waren oder sind in Betriebsräten aktiv. Sie arbeiten zusammen mit Bürgern, die im Bezirk wohnen und Krankenschwestern aus der Holweider Klinik. Genau deshalb ist die Auseinandersetzung dort mit Klinikschließungen nie nur kommunal. Hier werden politische Zusammenhänge hergestellt, auch konkret zwischen bekannt gewordenen Informationen zu Köln aus der Kommunalen Gesundheitskonferenz zur Krankenhausplanung und Plänen der Gesundheitsminister Lauterbach und Karl-Josef Laumann (NRW, CDU).

Das Flugblatt der Initiative schlägt genau diesen Bogen vom Eckpunktepapier der Gesundheitsminister vom 10. Juli dieses Jahres, das der Unterfinanzierung und ruinösen Konkurrenz von Krankenhäusern keinen Einhalt gebietet, zum beabsichtigten Bettenabbau hier in Köln bis zur im Rat beschlossenen Schließung der Klinik in Holweide und Kinderklinik.

Es gelingt der Initiative zudem, auch andere, überregional arbeitende Initiativen, Bündnisse und Gewerkschaften einzubinden, zum Beispiel die ver.di-Fachkommission Krankenhäuser NRW, das Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen, DİDF Köln und das Gesundheitsnetz Köln Nord medicol e. V.

Die beharrliche, ausdauernde Öffentlichkeitsarbeit seit zwei Jahren auf dem Markt in Holweide, auf der Straße, vor den betroffenen Krankenhäusern, über Demonstrationen, Pressearbeit, Aufklärung und mittels einer sehr erfolgreichen Petition trägt zur Verankerung der Initiative in der Kölner Bevölkerung bei. Die Flugblätter gehen beim Verteilen vor der Klinik in Holweide weg wie warme Semmeln.

Auch die DKP-Gruppen Köln-Innenstadt und Köln-Kalk riefen mit eigenen Flugblättern zur Teilnahme an der Demonstration am 18. November auf und unterstützten die Argumentation der Initiative.

Auf der Abschlusskundgebung der Demonstration vor dem Wahlkreisbüro von Karl Lauterbach in Köln-Mülheim zerpflückten alle Redner die herrschenden Erzählungen zu den Schließungen der Kliniken. Achim Teusch von der Fachkommission Krankenhäuser des ver.di-Landesbezirks etwa lies das Argument „Qualität statt Nähe“, das für die Zentralisierung von Kliniken steht und von Beraterinnen der Bundesregierung und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen mantrahaft wiederholt wird, nicht zu. Demnach solle die Versorgungsqualität „in der Nähe“ schlecht sein: das treffe auf Köln jedenfalls nicht zu. Sowohl die Kinderklinik als auch die Klinik Holweide böten höchste Qualität.

Zusätzlich zu den stationären Behandlungen böten beide Kliniken jährlich mehr als 110.000 ambulante Behandlungen. Das zeige, dass diese Kliniken Lücken in der kinder- und hausärztlichen Versorgung in den ärmeren Stadtteilen Kölns schlössen. Es gehe also vielmehr um „Qualität plus Nähe“ und so, wie die städtischen Kliniken in Köln verteilt seien, böten sie Flächendeckung und Qualität.

Zentralisierung verschärfe den Konkurrenzkampf der Kliniken untereinander – dagegen seien Flächendeckung und Kooperation Alternative zur Konkurrenz. Medizinische Netzwerke in Köln wie das Kardiologische Kompetenznetz oder das Neurovaskuläre Netzwerk stünden für diese Qualität auch in der Fläche. Hier seien von der häuslichen Situation über die Akutversorgung und Frührehabilitation bis zur Nachsorge gemeinsam Qualitätsrichtlinien, Strukturen und Prozesse ausgearbeitet worden, die sicherstellten, dass Schlaganfall-Patienten der gesamten Region jederzeit bestmöglich behandelt würden. Auch die Celitinnen würden ihre Kliniken in den Kölner Stadtteilen nicht alle abreißen und stattdessen einen Großklotz hinstellen, sondern im Klinikverbund und damit in der Fläche Qualität sichern. Dementsprechend plädierte Teusch für regionale Verbünde.

Eine Krankenschwester aus dem Klinikum Holweide berichtete, dass die Kolleginnen dort aufgewacht seien und für ihr Krankenhaus kämpfen wollten. Im letzten Landtagswahlkampf hätten alle Parteien versichert, sie wollten für den Standort kämpfen, auch Herr Lauterbach – nur wolle jetzt keiner mehr daran erinnert werden.

An der beharrlichen Mobilisierung und Öffentlichkeitsarbeit der Initiative zum Erhalt der Kliniken kam auch die Lokalpresse nicht vorbei. Im Vorfeld wurde Karl Lauterbach um eine Stellungnahme gebeten, auch über die Demo und ihr Anliegen erschien ein Artikel. Es gelang, dass die vom Rat der Stadt Köln beabsichtigten Schließungen der Kliniken nicht ad acta gelegt werden können.

Die Auseinandersetzung geht weiter, und: sie bleibt öffentlich. Das bietet die Chance, den Ratsbeschluss der Stadt Köln vom 15. Juni 2023 doch noch zu kippen.

Mit dem Thema Klinikschließungen befassen sich auch zwei Kleinzeitungen lokaler DKP-Gruppen:

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