„Der 8. Mai sollte in jedem Fall ein gesetzlicher Feiertag werden“

Markus Bernhardt im Gespräch mit Heinrich Fink

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( VVN)

Heinrich Fink ist Ehrenvorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)

UZ: Die Linksfraktion hat jüngst ihre Forderung erneuert, den 8. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Unterstützen Sie diese Forderung?

Heinrich Fink: Selbstverständlich. Den Tag der Befreiung Deutschlands vom Faschismus zum Feiertag zu machen, wäre auch aktuell ein geeignetes Signal gegen die erstarkende rassistische Stimmungsmache und das Aufkommen der AfD in diesem Land. Der Vorstoß der Linksfraktion ist daher in jedem Fall begrüßenswert, scheitert jedoch leider maßgeblich am Widerstand der CDU/CSU. Diese sind offensichtlich noch immer nicht bereit, der Opfer der faschistischen Barbarei würdig zu gedenken. Man darf ja nicht vergessen, dass allein über 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion im 2. Weltkrieg ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus verloren haben. Diese Opfer sollten endlich angemessen gewürdigt werden.

UZ: Wie könnte der Druck auf die Bundesregierung erhöht werden?

Heinrich Fink: Es müsste am 8. Mai zu weitaus mehr öffentlichen Kundgebungen und Protesten von Antifaschisten kommen. Ich finde die Idee der DKP sehr ansprechend, die in Berlin-Kreuzberg jedes Jahr am 8. Mai ein öffentliches Befreiungsfest durchführt. Vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Aktivitäten von Neonazis und Rassisten ist es wichtig, dass wir öffentlich wahrnehmbar Stellung beziehen. Nicht nur gegen faschistische Hetze, sondern auch gegen imperialistische Kriegspolitik. Der Schwur von Buchenwald hat nichts an seiner Aktualität eingebüßt. Er sollte weiterhin politische Richtlinie für uns Antifaschisten sein.

UZ: Am 1. Mai haben Neonazis vielerorts erneut versucht, mit rassistischer Hetze und sozialer Demagogie Anhänger zu finden. Wie bewerten Sie die diesjährigen Aktivitäten der extremen Rechten?

Heinrich Fink: Ich war vor allem erschrocken, dass es den Nazis unter anderem in Plauen gelungen ist, Gegendemonstranten zu attackieren. Als VVN-BdA haben wir die Losung ausgegeben, dass Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist. Diese Einschätzung haben die Nazis am 1. Mai erneut bestätigt. Ich empfinde es als Schande, dass Tausende Polizeibeamte abgestellt und genötigt werden, die braunen Volksverhetzer zu eskortieren und vor antifaschistischen Protesten zu schützen. Ich bin mir sicher, dass die Nazis in den meisten Städten ohne den Schutz durch die Beamten gar nicht erst hätten aufmarschieren können, sondern am Widerstand von Antifaschisten gescheitert wären. Besonders erschreckend fand ich in diesem Zusammenhang auch das Vorgehen der Beamten rund um den Parteitag der AfD in Stuttgart, der ja ebenfalls am letzten Wochenende stattfand.

UZ: Inwiefern?

Heinrich Fink: Die Polizei ist in Stuttgart gegen friedliche Demonstranten vorgegangen. Gewerkschafter haben in den Medien von gewalttätigen Übergriffen der Beamten berichtet. Auch zu massiven Bedrohungen soll es dabei gekommen sein. Ich habe mich gefreut, dass so viele junge Menschen gegen den Parteitag der AfD protestiert haben. Das war und ist auch künftig dringend notwendig!

UZ: Der AfD wird in Meinungsumfragen prognostiziert, künftig als drittstärkste Partei in den Bundestag einzuziehen. Wie groß ist die Gefahr, die von dieser Partei ausgeht?

Heinrich Fink: Ich warne davor, die AfD zu unterschätzen. Derzeit hat sie eine Scharnierfunktion inne. Sie verbindet rechtskonservative Kreise mit Personen, die sich offen rassistisch gerieren. Sie ist meines Erachtens zunehmend eine Art parlamentarischer Arm der rassistischen „Pegida“-Bewegung. Vor allem darf auch die sozialchauvinistische Positionierung der AfD nicht außer Acht gelassen werden. Wer der AfD die Stimme gibt oder sie unterstützt, steht für ein mittelalterliches Menschen- und Familienbild, rassistische Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und den Islam und damit für eine ausgeprägte Menschenfeindlichkeit. Von den wirtschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen der AfD will ich erst gar nicht reden. Hätte sie das Sagen, würden arme Menschen noch weiter deklassiert, als es schon jetzt der Fall ist. Was wir aktuell brauchen sind hingegen Investitionen in den Sozialstaat, in Bildung und Infrastruktur.

UZ: Die AfD punktet aktuell aufgrund ihrer Ablehnung der aktuellen Flüchtlingspolitik. Vor welchen Herausforderungen sehen Sie die Politik vor diesem Hintergrund?

Heinrich Fink: Deutschland ist ein reiches Land und ganz klar in der Lage, Notleidenden zu helfen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wie gesagt, wir brauchen soziale Investitionen für Deutsche und Flüchtlinge, um den Rechten den Wind aus den Segeln zu nehmen und auch den Einheimischen klar zu machen, dass nicht die Flüchtlinge ein Problem oder eine Konkurrenz für sie darstellen, sondern eine unsoziale Politik.

Die etablierte Politik sollte sich außerdem im Klaren darüber sein, dass sie mancherorts die Propaganda der Rechten bestärkt, wenn sie von Obergrenzen redet oder undemokratische Staaten und Regime zu vermeintlich sicheren Herkunftsländern macht. Wenn schon die ganze Zeit über die Bekämpfung von Fluchtursachen gesprochen wird, dann sollte man das auch ernst meinen. Und zur Wahrheit gehört, dass die Menschen beispielsweise aus Afghanistan, Libyen, Syrien und dem ehemaligen Jugoslawien nach Europa flüchten, weil wir Kriege gegen ihre Länder geführt, oder sie zumindest befördert oder unterstützt haben. Von den Waffenlieferungen in Krisenregionen ganz zu schweigen. Wenn es hier nicht zu einer radikalen Umkehr kommt, brauchen wir uns über die Anzahl von Flüchtlingen kaum zu wundern. Wieder einmal zeigt sich, dass es unsere Aufgabe als Antifaschisten und Linke ist, Aufklärung zu betreiben. Da können wir sicherlich künftig noch klüger agieren und besser werden. Um unser weiteres Vorgehen zu diskutieren, ist sicherlich auch das UZ-Pressefest ein geeigneter Ort. Ich werde jedenfalls nach Dortmund kommen und dabei sein.

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"„Der 8. Mai sollte in jedem Fall ein gesetzlicher Feiertag werden“", UZ vom 6. Mai 2016



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