Trumps Mauerpläne bringen Mexikos Präsidenten in Schwierigkeiten

Deutlich vor dem Zeitplan

Von Volker Hermsdorf

US-Präsident Donald Trump drückt beim Ausbau der Mauer zu Mexiko aufs Tempo. Am 20. März endet die Bewerbungsfrist für Vorschläge zum „Design und Bau“ der rund 3 200 Kilometer langen Grenzanlage. Wie die „Los Angeles Times“ berichtet, haben bereits mehr als 600 Firmen Interesse angemeldet. Die dem US-Heimatschutzministerium unterstehende Grenzschutzbehörde rechnet damit, dass erste Zuschläge für die Aufträge im April erteilt werden. „Es wird bald beginnen. Wir liegen deutlich vor dem Zeitplan“, kündigte Trump am 28. Februar vor dem Kongress an. Da er den Mauerbau trotz massiver Proteste im In- und Ausland kompromisslos vorantreibt, gerät die US-freundliche Regierung des mexikanischen Präsidenten Peña Nieto ein Jahr vor den nächsten Präsidentschaftswahlen zunehmend in Schwierigkeiten.

Nietos rechtssozialdemokratischer Regierungspartei PRI werden für die Wahlen im Sommer 2018 derzeit ebenso schlechte Chancen eingeräumt wie der konservativen Konkurrenzpartei PAN. Beste Aussichten auf das Amt des Präsidenten hat im Moment Andrés Manuel López Obrador, Parteiführer der linken „Bewegung zur Landesweiten Erneuerung“ (Morena). López Obrador liegt seit Anfang des Jahres in Umfragen mit 33 Prozent vor den Kandidaten der PAN (27 Prozent) und der PRI (20 Prozent). Sein Vorsprung dürfte sich dank Trump weiter vergrößern. Da es in Mexiko keine zwei Wahlgänge gibt, sondern der Kandidat mit den meisten Stimmen im ersten Durchgang als gewählt gilt, läuten bei Verfechtern eines neoliberalen Kurses in Lateinamerika bereits die Alarmglocken. Auch in Europa verfolgen konservative Kräfte besorgt, dass Trump sich im einstigen Hinterhof der USA wie ein Elefant im Porzellanladen aufführt und damit den Hass auf die „Gringos“ im Norden ständig schürt. „Ein rund 120-Millionen-Volk in den Händen einer linkspopulistischen Regierung könnte das aus Venezuela bitter erfahrene Chaos bei weitem in den Schatten stellen“, beschreibt die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in ihrem aktuellen Länderbericht die Angst der Rechten vor dem mögliche Szenario nach den Wahlen im kommenden Jahr.

Peña Nieto und der als seine „rechte Hand“ geltende Außenminister Luis Videgaray bemühen sich deshalb um Schadensbegrenzung. Unter dem Druck öffentlicher Proteste leistet die Regierung zwar formal Widerstand gegen das Diktat aus dem Norden, doch viele Mexikaner zweifeln an der Durchsetzungskraft und Glaubwürdigkeit ihrer handzahmen Politiker. Bis vor einigen Wochen war Videgaray noch ein ergebener Gefolgsmann des US-Präsidenten. Im September 2016 musste er als Finanzminister zurücktreten, weil er Donald Trump trotz dessen Verbalattacken auf mexikanische Einwanderer mitten im US-Präsidentschaftswahlkampf nach Mexiko eingeladen hatte. Den Abgang seines Günstlings hatte Trump damals mit der Bemerkung kritisiert, Mexiko habe einen „hervorragenden Minister“ verloren, mit dem die USA „großartige Abkommen“ abgeschlossen hätten. Mittlerweile mutierte Videgaray – wohl mehr aus Not als aus Überzeugung – vom Saulus zum Paulus. Am letzten Freitag würdigte er in Havanna auf einem Treffen des Verbandes Karibischer Staaten (Asociación de Estados del Caribe, AEC) die Solidarität der Region mit „der Bevölkerung und der Regierung von Mexiko“ und unterstrich dabei besonders die „Verbundenheit und Freundschaft“ der Völker Mexikos und Kubas. Wenig amüsiert haben dürfte seinen Ziehvater Trump dann der ausdrückliche Dank an Kubas Präsidenten Raúl Castro für dessen Erklärungen auf dem Gipfeltreffen des Staatenbundes ALBA am 5. März in Caracas. Castro hatte dort die „neue Agenda“ der US-Regierung heftig kritisiert und erklärt, die Mauer zu Mexiko richte sich „nicht nur gegen dieses Bruderland, sondern gegen die gesamte Region“. Armut, Katastrophen und die davor fliehenden Migranten seien „nicht durch Mauern aufzuhalten, sondern nur durch Zusammenarbeit, Verständigung und Frieden“, sagte Castro.

Während Experten auch in den USA nicht bestreiten, dass Trumps Große Mauer lediglich die Kosten der Flucht vor Armut, sozialer Ungleichheit und dem Terror von Polizei und Drogenmafia in die Höhe treibt, reiben sich nicht nur die Baukonzerne, sondern auch professionelle Menschenhändler die Hände. Anfang Februar berichtete die mexikanische Tageszeitung „La Jornada“, dass kriminelle Schleuser mit einer kräftigen Zunahme ihrer Gewinne rechnen. „Die Mauer wird für uns kein Hindernis sein“, zitierte das linksliberale Blatt den „Fluchthelfer“ Alejando Moreno, der seit 19 Jahren lateinamerikanische Emigranten für mehrere tausend Dollar pro Person in die USA bringt. „Im Gegenteil“, freut sich Moreno, „sie wird uns höhere Gewinne einbringen, weil wir dann mehr Geld für die Touren nehmen können.“ Seine Organisation verfüge über ein gut funktionierendes Netzwerk und arbeite in beiden Ländern eng mit Behördenangestellten zusammen. „Das einzige, was passiert wenn Trump seine Mauer baut ist, dass wir mehr Tunnels graben, höhere Bestechungsgelder zahlen und deshalb die Preise erhöhen werden“, sagt der Menschenhändler voraus.

Wohl auch deshalb nimmt die Kritik in den USA zu. Dabei ist Trumps Prestigeobjekt nicht dessen Erfindung. Erste Befestigungsanlagen an der Grenze wurden bereits im Jahr 1994 mit Gründung der US-amerikanisch-kanadisch-mexikanischen Freihandelszone NAFTA unter dem demokratischen Präsidenten William (Bill) Clinton gebaut. Im Herbst 2006 verabschiedete der Senat dann unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush mit dem „Secure Fence Act“ die gesetzliche Grundlage für die Errichtung von „physischen Hindernissen“ an zunächst 1 100 Kilometern der Grenze. Unter den 26 Demokraten, die für dieses Gesetz stimmten waren, die Senatorin des Staates New York, Hillary Clinton und ein Senator aus Illinois mit Namen Barack Obama. Neben aufrichtigem Protest und ehrlichem Widerstand gegen Trumps Mauerpläne gibt es auf beiden Seiten der Grenze also auch jede Menge Heuchelei.

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"Deutlich vor dem Zeitplan", UZ vom 17. März 2017



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