Es läuft nicht gut für den „Werte-Westen“. Die kollektive Luftabwehr hat den Raketen Russlands in der Ukraine ebenso wenig entgegenzusetzen wie denen aus Iran in Israel. Eine Lage, die für einen Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung plus starker Medienabhängigkeit, wie sie US-Präsident Donald Trump offensichtlich darstellt, nur schwer zu ertragen ist. Bei der Suche nach Abhilfe wurde man in den Tiefen des US-Waffenarsenals fündig. Seit den frühen 1980er Jahren verstauben hier Marschflugkörper des Typs „Tomahawk“. In den Medien keimten schnell Hoffnungen auf, die USA könnten diese nun an die Ukraine liefern.
Diese über 40 Jahre alten Geräte sind, trotz zahlreicher Upgrades, nicht gerade Stand der Technik. Relativ langsam (Mach 0,7), ein relativ kleiner Gefechtskopf (120 kg), dafür eine niedrige Flughöhe von 30 bis 50 Metern und eine Reichweite, je nach Variante, von 460 bis 2.500 Kilometern.
Tomahawks sind gedacht für Präzisionsschläge gegen gehärtete Ziele. Eine für die Reagan-Ära typische „Enthauptungswaffe“, die von Flugzeugen, Überwasserschiffen und U-Booten, aber auch von speziellen Fahrzeug-Abschussrampen abgefeuert werden kann. Diese Abschussplattformen sind allerdings in der Ukraine nicht vorhanden.
Berechnungen haben ergeben, dass die erforderliche Zahl von „Tomahawks“ um, sagen wir, eine große russische Ölraffinerie auszuschalten, bei etwa 100 liegt. Am 7. April 2017 schoss die US Navy 59 Marschflugkörper gegen den Luftwaffenstützpunkt in Homs in Syrien ab. Der „Erfolg“ war eher begrenzt – beziehungsweise nicht vorhanden.
Im Falle der Ukraine wird die Lieferung von etwa 50 Tomahawks diskutiert. Die Produktionsleistung liegt bei etwa 200 seit 2022. In 2026 sollen es 57 sein. Um einen signifikanten Effekt auf dem Schlachtfeld erzielen zu können, wären jedoch tausende erforderlich. Zu einer möglichen Lieferung an die Ukraine erzählt Trump heute dies und morgen das Gegenteil.
Trotz ihrer Beschränktheit würde der Einsatz dieser Waffe die Lage signifikant verändern. Denn durch ihre potentielle Reichweite wären Terrorangriffe auf Moskau und/oder St. Petersburg möglich. Dazu kommt, dass Tomahawks ausschließlich von US-Kräften geliefert, mit einem Gefechtskopf versehen, programmiert und von US-Plattformen abgefeuert werden können. Ihr Einsatz würde dem Kreml die Möglichkeit nehmen, weiterhin so zu tun, als heiße der eigentliche Kriegsgegner nicht Washington. Eine direkte Konfrontation zwischen Russland und den USA wäre dann kaum noch zu vermeiden. Mit allen möglichen (nuklearen) Konsequenzen, die daraus entstehen können.
Dieses ohnehin gefährliche Szenario wird dadurch dramatisch zugespitzt, dass Tomahawks mit thermonuklearen Gefechtsköpfen versehen werden können. Diese Gefechtsköpfe können eine Sprengkraft von bis zu 150 Kilotonnen TNT erzeugen. Das ist etwa das Zehnfache der Hiroshima-Bombe. Da es anfliegenden Tomahawks nicht anzusehen ist, welchen Gefechtskopf sie tragen, müsste die russische Seite von einem Worst-Case-Szenario ausgehen. Das heißt, sie müsste im Vorfeld schon die Lieferung und Stationierung dieser Waffen verhindern. US-Logistik würde zum unmittelbaren Ziel.
Kann man sich bislang noch einreden, dass wir nicht bereits im Dritten Weltkrieg stecken, so dürfte mit dem Einsatz von Tomahawks der „point of no return“ überschritten werden. Die europäischen Regierungs- und Medienabteilungen mögen das in ihrer grenzenlosen Verblendung bejubeln. Ob sie auch dann noch begeistert sind, wenn russische Hyperschallraketen auf Europa niedergehen und sie vor rauchenden Trümmern stehen, ist eine andere Frage.