Italiens Rechte vor Zusammenschluss?

Einheitsappell

Von Gerhard Feldbauer

Die Führerin der „Brüder Italiens“ (Fratelli d‘Italia – FdI), Georgia Meloni, ruft zur Einheit der extremen Rechten in einem Rechten Zentrum mit ihrer Partei, der faschistoiden Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi und der rassistischen Lega Nord Matteo Salvinis. Als Bedingung nannte sie in einem Interview mit der „Huffington Post“, dass Berlusconi sich zu den „originären faschistischen Idealen“ bekennt und jeder Zusammenarbeit entsagt, die er mit dem zurückgetretenen Premier und Chef des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), Matteo Renzi, pflegte. Außerdem müsse seine FI die Fraktion der EVP in Straßburg verlassen. Meloni hat nach Schätzungen von den nach offiziellen Angaben einst rund einer halben Million Anhängern der AN etwa 100 000 in ihrer FdI versammelt. Die Hardlinerin gilt als aussichtsreichste Bewerberin bei möglichen vorgezogenen Parlamentswahlen. Sie erzielte als Kandidatin bei der Bürgermeisterwahl in Rom im Juni vergangenen Jahres im ersten Wahlgang 20 Prozent der Stimmen.

Ihr Bekenntnis zu den „originären Idealen“ bezieht sich selbstredend auf Mussolini, denn die Wurzeln der FdI gehen auf 1946 zurück, als die Partei des „Duce“ als Movimento Sociale Italiano (MSI) wiedergegründet wurde. Das MSI nannte sich 1994 in Alleanza Nazionale (AN) um und trat 2008 als Fraktion der in „Partei des Volkes der Freiheit“ (PdL) umgetauften FI bei. Aus der nach dem Fall Berlusconis im November 2011 wieder aus der PdL ausgeschiedenen AN entstand 2012 die FdI, deren Führung Meloni 2014 übernahm. Von Beruf Journalistin, war die 40-Jährige in der letzten Regierung Berlusconis Jugend- und Sportministerin.

Melonis Ausführungen verdeutlichen die Krise der extremen Rechten, die Berlusconis Fall auslöste. Bei den Wahlen 2013 erlitt seine PdL eine Niederlage und fiel hinter dem PD auf Platz zwei zurück. Mit der auf Rang drei liegenden Protestbewegung „Fünf Sterne“ (M5S) kam es zum Patt im Senat, wo Berlusconi Renzi, seit 2014 PD- und Regierungschef, aus der Bredouille half. Selbst nach der Niederlage im Referendum über die Senatsreform im Dezember wollte er Renzi helfen, im Amt zu bleiben. Er präsentierte sich als „moderater“ Rechter und wollte mit dieser Zusammenarbeit Renzi bewegen, sein Verbot, öffentliche Ämter auszuüben, das mit seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen schwerer Korruption und Steuerhinterziehung erging, aufzuheben, um bei Wahlen wieder antreten zu können. Dem kam Renzi jedoch nicht nach.

Der Kurs Berlusconis hat nicht nur zu heftigen Auseinandersetzungen in seiner inzwischen wieder in Forza Italia zurückgetauften Partei, sondern im ganzen rechtsextremen Lager geführt. Sein stärkster Widersacher neben Meloni ist der Chef der Lega Nord, Matteo Salvini, der die Führung in einer rechtsextremen Koalition fordert.

Die FdI-Chefin meldet sich nicht zufällig jetzt zu Wort. Noch vor möglichen Parlamentswahlen finden von April bis Juni in über 1 000 Städten und Gemeinden, darunter auf Sardinien und Sizilien sowie in Südtirol, Wahlen statt, bei denen die Rechtsextremen Signale setzen wollen. Meloni fordert, keine Migranten mehr ins Land zu lassen und die Meerenge zu Sizilien abzuriegeln. Salvini hat die separatistische Abspaltung der norditalienischen Regionen vom Zentralstaat aufgegeben und will die Lega nach dem Vorbild des Front National Frankreichs als gesamtnationale Partei aufstellen. Am 11. März verkündete er in Neapel auf einer Wahlveranstaltung, „Wenn wir an die Regierung kommen, werden wir die Roma-Lager beseitigen und auch die Sozialzentren eliminieren“, zitierte ihn „La Repubblica“. Den linken Bürgermeister Luigi di Magistris, der die Proteste von über 2 000 Demonstranten gegen die ausländerfeindlichen Ausfälle unterstützte, drohte er vor Gericht zu zerren.

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"Einheitsappell", UZ vom 31. März 2017



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