Iran reagiert auf die Bombardierung seiner Botschaft in Damaskus mit Angriffen auf Israel

Einmal zu viel

Tausendmal ist nichts passiert. Tausendmal hat Israel Syrien angegriffen, hat Flughäfen und Forschungseinrichtungen zerstört, syrisches Militär und Wohnhäuser bombardiert, immer wieder unter dem Vorwand, iranische Kräfte oder iranische Waffen zu bekämpfen.

Doch die Bombardierung des Geländes der iranischen Botschaft in Damaskus war ein Angriff zu viel. Wie jedes Mal in der Vergangenheit ignorierte die sogenannte „internationale Gemeinschaft“ die Beschwerde des Iran, ergriff keine Maßnahme und begrub alle Dokumente des Iran – wie zuvor die Syriens – für immer in den Tiefen der Archive.

Doch der Iran beließ es nicht bei papierenen Protesten. Mit hunderten Drohnen, Cruise Missiles und wenigen Raketen griff er die Militärstützpunkte in Israel an, von denen aus der Angriff auf die Botschaft erfolgt war. Auch wenn die meisten Drohnen von Israel und seinen Verbündeten abgeschossen wurden – sie waren von vornherein wohl nur Kulisse –, iranische Raketen trafen ihre Ziele und sorgten für heftige Explosionen. Der Mythos der israelischen Abschreckung ist dahin.

Eines jedoch funktioniert uneingeschränkt: die mediale, diplomatische und militärische Unterstützung Israels durch die G7-Staaten und ihre Verbündeten. Während diese Staaten den israelischen Angriff auf die diplomatische Vertretung des Iran ignorierten, werfen sie dem Iran nun die Destabilisierung der Region vor.

Außenministerin Annalena Baerbock, die zum israelischen Angriff geschwiegen hatte, verurteilte die iranische Reaktion aufs „allerschärfste“. Und Bundeskanzler Olaf Scholz warnte den Iran – die leider übliche westliche Doppelmoral.

Die Regierung der Atommacht Israel steht vor der Wahl: Eine Politik der Deeskalation – wie es selbst der US-Präsident anregte – und Abschluss eines Waffenstillstandes in Gaza. Oder der verzweifelte Versuch, die israelische Abschreckung wieder aufzubauen; die weitere Eskalation und damit tatsächlich die weitere Destabilisierung der Region. Und damit ein Krieg – dann mit Unterstützung der USA – der keine „Gewinner“ sehen wird.

Leider weisen die bisherigen Erfahrungen in die Richtung Eskalation. Das israelische Militär, das in Gaza seine Ziele nicht erreicht und im Norden Israels eine Sicherheitszone der Hisbollah einräumen musste, wird womöglich von Benjamin Netanjahu und Benjamin Gantz zum Krieg gedrängt: Beide wollen eine Reaktion Israels nach dem iranischen Angriff.

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"Einmal zu viel", UZ vom 19. April 2024



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