Am Dienstag strich die Deutsche Bahn AG vier Züge zwischen Brüssel und Frankfurt am Main ersatzlos. Grund war ein Streik in Belgien. Im Schnitt kam auch an diesem Tag mehr als jeder dritte Fernzug zu spät. Für diese Leistung verdiente Bahnchef Richard Lutz im vergangenem Jahr 2,1 Millionen Euro. Der Zustand der Bahn steht exemplarisch für das Land.
Deshalb krempelt die kommende Bundesregierung aus Union und SPD jetzt angeblich die Ärmel hoch. Noch vor ihrem Antritt änderte sie noch im alten Bundestag das Grundgesetz und ermöglichte so unbegrenzte Schulden für Hochrüstung. Es geht um 1.000.000.000.000 Euro, das sind eine Billion Euro, die für die Kriege und Profite der Zukunft bereitgestellt werden sollen. Da bleibt kein Geld für sinnvolle Dinge. Jens Spahn, Vizechef der Unionsfraktion, fasst zusammen: „Die fetten Jahre sind vorbei.“
Neu ist diese Politik nicht. Neu sind die Dimensionen von Hochrüstung und Konzerngewinnen. Neu ist die Brutalität des Ausblutens der Beschäftigten und ihrer Familien und der Zerschlagung der öffentlichen Infrastruktur. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht für die Fortsetzung der Politik der letzten 25 Jahre mit anderen Mitteln.
Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Reallöhne der Beschäftigten in diesem Zeitraum um 12 Prozent. Die Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) weitete den Niedriglohnsektor mit Einführung der Agenda 2010 aus. Das erzeugte Druck auf die Einkommen, weit über die Geringverdiener hinaus. Auch die seit 2021 von den Konzernen gesteigerten Preise für Energie und Lebensmittel belasteten geringe und mittlere Einkommen überdurchschnittlich. Von Wirtschaftsforschern und Medien wird das beschönigend als „gefühlte Inflation“ dargestellt. Laut einer Studie lag sie im Sommer 2023 bei 18 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt waren Lebensmittel fast 15 Prozent teurer als ein Jahr zuvor. Damit bedeuten die zuletzt abgeschlossenen Tarifverträge bei der Bahn, der Post und im Öffentlichen Dienst Reallohnverlust. So viel zu den „fetten Jahren“.
Im gleichen Zeitraum klingelten die Kassen der DAX-Konzerne. Im Jahr 2000 machten sie zwischen 30 und 40 Milliarden Euro Gewinn. Steuersenkungen und der Abbau von Arbeiterrechten durch SPD und Union halfen ihnen bei der Vervielfachung der Gewinne. Im Rekordjahr 2021 verbuchten die Konzerne bis zu 150 Milliarden Euro Gewinn.
Auch die Kriegsminister durften sich in den vergangenen Jahren freuen. Von Jahr zu Jahr erhöhten sie ihren Haushalt. Heute ist er doppelt so hoch wie vor 25 Jahren. Tendenz stetig steigend.
Der DGB-Vorstand erwartet in seinem Aufruf zum 1. Mai, dass „der Staat, die Unternehmen und die Arbeitgeber ihrer Verantwortung gerecht werden“. Die Erfahrung einer Generation sollte lehren, dass das eine Illusion ist. „Gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne“ wird uns diese Regierung nicht schenken. Im Gegenteil: Der Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst ist ein Angriff auf die Arbeitszeit und die öffentliche Daseinsvorsorge. Ganz unverhohlen investiert der Staat in Krieg und Kapital und lässt alles andere vor die Hunde gehen. Den Kriegs- und Krisenkurs zahlen die Beschäftigten. Die Gewerkschaften machen sich überflüssig, wenn sie auf den Kampf gegen Regierung und Konzerne verzichten. Ohne starke Gewerkschaften wird die kommende Generation verarmen und in den Schützengräben zu Grunde gehen.