Stamokap bei Rheinmetall

Flexibel und robust

Von Uwe Koopmann

Der Einfluss der Rüstungsindustrie auf die Politik ist – am Beispiel Rheinmetall – neu flankiert worden: Franz Josef Jung (CDU), zunächst Gefreiter des Flugabwehrbataillons 7 in Unna und dann von 2005 bis 2009 Bundes“verteidigungs“minister, soll am 9. Mai von der Hauptversammlung der Aktionäre in den Aufsichtsrat der Rüstungsschmiede Rheinmetall gewählt werden.

Mit dieser Wahl sichert der Konzern seine Rolle an der Spitze deutscher Rüstungskonzerne ab. Die Zahlen lassen frohlocken: Im Geschäftsjahr 2016 gab es einen satten Gewinn im Bereich „Defence“ (Waffenproduktion). Spiegel-online berichtete von einer Gewinnsteigerung um 63 Prozent auf 147 Millionen Euro, beim Umsatz um 300 Millionen Euro auf 2,9 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand stieg auf 6,7 Milliarden Euro.

Rheinmetall wirbt: „Oerlikon Skyshield® ist ein Allwetter-Nahbereichs-Flugabwehrsystem zum Schutz hochwertiger Einrichtungen.“

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( Rheinmetall-Pressebild)

Ob Jung im Rheinmetall-Aufsichtsrat der beste Kontrolleur des Vorstandes sein wird, das mag bezweifelt werden, denn lang ist die Liste der Peinlichkeiten in seiner Verantwortung als Minister. Sein Nachfolger, Karl Theodor zu Guttenberg, war markanter als Jung – aber auch kein Ruhmesblatt an Ehrlichkeit.

Jung vertritt eine andere „Philosophie“. Er ist robust und gleichzeitig loyaler. Für seinen zeitweiligen Chef, Ministerpräsident Roland Koch (CDU), hielt er den Kopf hin, als eine Spendenaffäre in Zusammenhang mit Wahlkampf und Schwarzgeld ruchbar wurde. Er trat als Landesminister zurück. War es eine Belohnung für diese Selbstlosigkeit, dass Angela Merkel den Gefreiten 2005 zum „Verteidigungs“minister machte?

Aber auch auf diesem Ministersessel saß er nicht lange. Am 28. Oktober 2009 endete seine Amtszeit. Von der Kanzlerin wurde er, ebenfalls am 28. Oktober, als Minister für Arbeit und Soziales berufen. Am 27. November 2009 trat er auch von diesem Amt zurück. Da hat er wirklich nicht ganz lange durchgehalten.

Offensichtlich ist Jung jedoch ein Stehaufmännchen, dessen Verdienste von den verschiedenen Führungsriegen nicht vergessen werden. Es geht um seine Robustheit. Dazu zählt seine Bereitschaft, im Konfliktfall auch zivile Passagierflugzeuge von der Bundesluftwaffe abschießen zu lassen. Oder sein flexibles Verfassungsverständnis von „technischer Amtshilfe“ zum Einsatz der Bundeswehr im Innern bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen: Zwei Tornados ließ er 2007 wieder knapp an der Verfassung vorbei und auch unter 500 Fuß (152,4 Meter) Höhe über die Protestierer gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm donnern.

Flexibilität und Robustheit sind Führungseigenschaften, die personalpolitisch und waffentechnisch bei Rheinmetall eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehört eine Verbesserung der Exportbedingungen. Schon vor zehn Jahren, im April 2007, hatte Jung in Japan deutsche U-Boote, Hubschrauber und den Eurofighter in die Diskussion gebracht. Aktuelle Qualitätszuordnung durch die „Welt“: „Ein Rheinmetall-Sprecher begründete die geplante Berufung mit der besonderen Expertise von Jung im Verteidigungsbereich.“ Mit „Expertise“ hat der Sprecher wohl „Fachwissen“ gemeint. Was das mit Blick auf Jung und Rheinmetall konkret bedeutet, hat er nicht einmal anklingen lassen.

In der Auseinandersetzung mit den saftigen Etatforderungen von Donald Trump für das Militär wird von deutschen Politikern die „Entwicklungshilfe“ als pazifistische Alternative ins Spiel gebracht. Auch dieser „Ausgleich“ zwischen beiden Seiten muss von den Rüstungsproduzenten beherrscht werden. Rheinmetall holte sich dafür 2015 den passenden Fachmann: Dirk Niebel (FDP), zuvor Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wurde Cheflobbyist des Rüstungskonzerns.

Nicht jeder ist allerdings für diese Jobs geeignet. Ludwig-Holger Pfahls war von 1987 bis 1992 als Staatssekretär im „Verteidigungs“ministerium zuständig für Beschaffung und Export von Waffen. Sein Kontaktmann war der Waffenhändler Karlheinz Schreiber. Das Ende dieser Verbindung: Pfahls floh um die halbe Welt nach Formosa, wurde später in Frankreich verhaftet, ausgeliefert und in Augsburg wegen Vorteilsnahme (Bestechlichkeit) zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er hätte es besser wissen müssen, war er doch zuvor Richter, Staatsanwalt und Präsident des Verfassungs„schutzes“. Die CSU kündigte seine Mitgliedschaft, weil er zuletzt keine Beiträge gezahlt hatte. Soviel zum Einfluss des Kapitals auf die Politik.

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"Flexibel und robust", UZ vom 14. April 2017



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