Das Monopolkapital sucht seine Taktik – Wer für sie zahlen soll ist klar

Frieren für Frieden und Democracy?

Die Inflation hat im März mit 7,3 Prozent einen Ausnahmewert erreicht. Getrieben wird sie von den Energiepreisen. Am 30. März legten die Wirtschaftsweisen ihre Frühjahrsprognose vor, in der sie die Wachstumsaussichten deutlich nach unten korrigierten. Am selben Tag verkündete Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die „Frühwarnstufe des Gas-Notfallplans“. Ein Krisenteam soll nun die Lage im Blick halten. Noch greife der Staat nicht ein, schreibt Tagesschau.de. Die Gasspeicher sind noch viertelvoll. Eine Halbierung seit Jahresbeginn, obwohl Russland entsprechend seinen vertraglichen Verpflichtungen liefert.

Strategisches Etappenziel auf dem Weg zur Durchsetzungsfähigkeit deutscher Monopolinteressen ist die Unabhängigkeit der Energieversorgung. Der Werbeslogan dafür war bisher der Klimawandel. Der scheint nicht wirksam genug zu sein, jetzt setzen die Marktschreier auf die „russischen Gräueltaten“. Anton Hofreiter (Grüne), bei der Pöstchenvergabe leer ausgegangen, forderte am Montag im „Deutschlandfunk“ ein Energieembargo gegen Russland. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing warnte, dass ein schnelles Embargo die deutsche Wirtschaft in eine Krise stürzen würde. Die transatlantisch orientierten Teilen des Monopolkapitals setzen auf eine sofortige Energiesouveränität unter Inkaufnahme des Zusammenbruchs traditioneller Wirtschaftszweige. Das deutsche Monopolkapital soll sich auf Zukunftstechnologien ausrichten und über die Verbindung von Machtpolitik und Finanzkapital vermehrt aufs Kuponschneiden setzen. Wie die amerikanische und britische Konkurrenz. Die andere Variante ist das Festhalten an einer strategisch auch kriegswichtigen industriellen Basis. Damit eröffnet sich das Monopolkapital die Möglichkeit eines dritten Anlaufs zur Weltmacht.

Bislang gelingt es den Herrschenden noch gut, mit ihren öffentlich ausgetragenen Taktikbesprechungen vom Kern abzulenken. Die Zeche zahlen die Werktätigen: Verzichten fürs Klima sowie für Frieden, Freiheit und Democracy. Für die, die es derber mögen: Frieren gegen den Iwan. Entweder kannst du in erneuerbare Energie investieren oder ein E-Auto kaufen – oder den Sommer nutzen, um dicke Pullis zu stricken. Der Markt wird im kommenden Winter schon dafür sorgen, dass Energie gespart wird. Früh übt sich, wer mal wieder gen Osten marschieren will. Da fehlten schon zwei Mal die warmen Socken. Wer strickt und sich Nachrichten von russischen Gräueltaten reinzieht, kommt nicht auf solchen Unfug wie einen Energiepreisstopp zu fordern.

energiepreisstopp-jetzt.de

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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Frieren für Frieden und Democracy?", UZ vom 8. April 2022



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