Mieterverein zur CO2-Steuer: „klimapolitischer Unfug“

Frieren oder zahlen

Die Auswirkungen der klimapolitischen Entscheidungen der Bundesregierung aus dem Mai 2020 sind am 1. Januar an den Zapfsäulen angekommen. Die Spritpreise stiegen – zusätzlich befördert durch die ausgelaufene Mehrwertsteuerermäßigung – im Vergleich zum Vortag um mindestens 10 Cent. Nach der Aufnahme des nationalen Emissionshandels für fossile Energieträger mit einem CO2-Fixpreis von 25 Euro pro Tonne im Jahr 2021 zahlen die Verbraucher nicht nur an der Zapfsäule, sondern auch für die Heizkosten mehr. Etwa 75 Prozent der deutschen Haushalte sind auf die Versorgung mit fossilen Brennstoffen angewiesen. Schätzungen gehen davon aus, dass jeder Pendlerhaushalt 2021 mit zwischen 100 und 200 Euro mehr zur Kasse gebeten wird. Der CO2-Preis soll zudem in den Folgejahren bis 2025 auf 55 Euro je Tonne angehoben werden, um schließlich im Wege der freien Versteigerung der CO2-Zertifikate an der Energiebörse gehandelt zu werden.

Schon heute geben die Energielieferanten die CO2-Steuer in voller Höhe an den Endverbraucher weiter, was angesichts des Charakters der Verbrauchssteuern (Durchreichen der Belastung) nicht überraschend ist. Allein dieser Umstand führt den von der Bundesregierung gepriesenen angeblichen „Lenkungseffekt“ ad absurdum: Kein Mieter kann darüber bestimmen, ob die Heizanlage mit fossilen oder erneuerbaren Brennstoffen betrieben wird oder wärmedämmende Fenster installiert werden. Die Vermieter, die darüber bestimmen könnten, reichen die Verteuerung von Gas und Heizöl an die Mieter weiter. Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, hält die gesamte Konstruktion der CO2-Steuer daher für „klimapolitischen Unfug, den die Mieter teuer bezahlen müssen“. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) – selbst federführend bei der Einführung der CO2-Steuer – ist inzwischen auch zur bahnbrechenden Erkenntnis gelangt, die Mieter „können nicht einfach das Heizungssystem in ihren Wohnungen austauschen“.

Der nun eilig aus der Taufe gehobene Vorschlag der SPD, man müsse auch die Vermieter an den Lasten beteiligen, kann in der laufenden Legislaturperiode ohnehin nicht mehr umgesetzt werden. Der Eigentümerverband „Haus & Grund“ hat bereits sein Veto eingelegt. Präsident Kai Warnecke weist jede Neuaufteilung der Lasten zurück und fordert schlichtweg, die Mieter müssten eben ihr „Verbrauchsverhalten“ ändern. Die Energieberaterin der Verbraucherzentrale Bremen, Inse Ewen, sagt, wie es geht: „Jeder Heizungsnutzer hat es selbst in der Hand: Nur ein Grad weniger an Raumtemperatur spart 6 Prozent Energie.“ Frieren und Zahlen.

Über den Autor

Ralf Hohmann (Jahrgang 1959) ist Rechtswissenschaftler.

Nach seinen Promotionen im Bereich Jura und in Philosophie arbeitete er im Bereich der Strafverteidigung, Anwaltsfortbildung und nahm Lehraufträge an Universitäten wahr.

Er schreibt seit Mai 2019 regelmäßig für die UZ.

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"Frieren oder zahlen", UZ vom 22. Januar 2021



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