Die großen Konzerne machen ordentlich Kasse

Gewinn-Preis-Spirale

In der Zeit um Weihnachten und zwischen den Jahren tauchen auch in den herrschenden Medien Meldungen auf, die zu anderen Zeiten nur in linken Publikationen zu lesen sind. So waren im Herbst, als es darum ging, die Lohnabhängigen der Metall- und Elektroindustrie von ihren berechtigten Lohnforderungen abzuhalten oder die Wut über die steigenden Preise auf „Putin“ zu lenken, die Spalten zwar voll von den Märchen über die drohende „Lohn-Preis-Spirale“, die unbedingt verhindert werden müsse. Meldungen über die doch ganz ordentliche Gewinnsituation vieler auch deutscher Unternehmen drangen weniger durch. Mit dem Jahresende aber kommen unweigerlich nach und nach die tatsächlichen Geschäftsverläufe vieler – vor allem großer – Unternehmen ans Licht. Dieses Licht wirft einen grellen Schein auf den Widerspruch zwischen Märchen und Wahrheit.

Im Gegensatz zu den Klagegesängen während der Herbst-Tarifrunden war in der „FAZ“ in der ersten Ausgabe nach Weihnachten frank und frei zu lesen: „Unternehmen geht es gut – Rekordumsatz und steigende Gewinne“. Die 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland hätten danach ihren Umsatz in den ersten neun Monaten des letzten Jahres um satte 30 Prozent gesteigert. Angesichts des Geredes von der Lohn-Preis-Spirale ist dabei vor allem folgendes Zugeständnis aufschlussreich: „Ein Gutteil der gestiegenen Energiekosten konnte von den Unternehmen über höhere Preise an die Kunden weitergegeben werden. 35 der 100 Unternehmen gelang es, in dem insgesamt schwierigen wirtschaftlichen Umfeld die Gewinnmargen auszudehnen.“

Der Verlust des Energielieferanten Uniper zieht die Gewinndurchschnitte dieser Statistik nach unten. Ohne Uniper aber sind die Gewinnmargen der Top-100-Unternehmen nicht etwa gefallen, sondern gestiegen – sie „erzielten mit 145 Milliarden Euro Rekordgewinne, ein Plus von 22 Prozent zum Vorjahr“. Denen, die im guten Glauben an die Wahrhaftigkeit der im Herbst vergossenen Krokodilstränen über die wirtschaftlichen Aussichten ihre Wut gezügelt und auf weitere Kampfmaßnahmen um höhere Tariflöhne verzichtetn haben, müsste sich jetzt wenigstens die Faust in der Tasche ballen.

Noch deutlicher wurde dasselbe Blatt zehn Tage vor Heiligabend in einem Bericht über eine umfassende Studie zu den Ursachen der explodierenden Preise. Dort wird in völliger Offenheit eine „Gewinn-Inflation“ konstatiert und die „FAZ“ räumt ein: „Unternehmen nutzen die Gunst der Stunde – um Marge und Gewinn deutlich auszuweiten.“ Eine ganze Reihe von Unternehmen, so die detailreiche Studie, nutzten die Gunst der Stunde und die Stimmung im Lande, „um ihre Preise stärker zu erhöhen, als Kosten und Löhne es eigentlich erfordert hätten“.

Die Möglichkeiten, so zu handeln, sind unterschiedlich. Die eingangs zitierte Statistik zeigt, dass es vor allem die großen Monopole sind, die im Windschatten von Krieg und medial verbreiteten Märchen ihre Gewinnmargen steigern können. Kleinere Unternehmen – wie beispielsweise die viel beschworenen Bäckermeister oder energieintensive Handwerksbetriebe – hatten solche Möglichkeiten nicht im vergleichbaren Umfang. Und Scheinselbstständige, die widersinnigerweise als Unternehmer geführt werden, noch weniger.

Damit hat sich im Jahr 2022 nicht nur die Spaltung zwischen den Reichen und Armen in dieser Gesellschaft vertieft. Vertieft hat sich auch die Kluft zwischen der üppigen Gewinnsituation der großen Monopole und der tatsächlich bedrohlichen Lage vieler kleiner und mittlerer Unternehmen – und hier vor allem solcher, deren Gewinnsituation besonders stark an die Lohnentwicklung der abhängig Beschäftigten gekoppelt ist.

Diese Trends des Jahres 2022 sollten für die Linkskräfte dieses Landes ein Ansporn sein, im jetzt beginnenden Jahr 2023 die politische Stoßrichtung noch stärker gegen die großen Konzerne zu richten – sie sind es, die sich im vergangenen Jahr schamlos die Taschen vollgestopft haben.

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"Gewinn-Preis-Spirale", UZ vom 6. Januar 2023



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