Großmächte liefern sich ein Wettrennen um Impfstoff. Millionen schauen auf Kuba

Hoffnung der Armen

Beim G20-Gipfel am vergangenen Wochenende hieß es, man wolle „sich für eine gerechte Verteilung der möglichen Corona-Impfstoffe einsetzen“ – dass das bedeutet, auf Profite aus einem möglichen Impfstoff zu verzichten, ließen nur Russland und die Volksrepublik China durchblicken.

Während sich die größten Weltmächte und Pharmakonzerne ein Wettrennen um die schnellstmögliche Zulassung eines Impfstoffs und die daraus erhofften Milliardengewinne liefern und Deutschlands Gesundheitsminister Spahn damit prahlt, 300 Millionen Impfdosen für Deutschland gesichert zu haben, richten sich die Augen vieler Entwicklungsländer auf Kuba. Auf der Insel befinden sich aktuell zwei Impfstoffkandidaten – bekannt unter den Namen „Souveränität 1“ und „Souveränität 2“ – in der klinischen Erprobung, zwei weitere könnten noch vor Jahresende hinzukommen. Und während die großen imperialistischen Mächte darum wetteifern, möglichst große Mengen der aktuell von Großkonzernen entwickelten Medikamente für sich zu sichern, beteiligt sich Kuba am Covax-Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO), das die weltweite Verteilung eines Impfstoffs sicherstellen soll.

Kuba ist bei der Entwicklung des Impfstoffs allerdings auf ein Luxusproblem gestoßen: Für die dritte Phase der Erprobung werden tausende Freiwillige gebraucht. „Obwohl Kubas Bevölkerung sehr bereitwillig ist und sich gerne zur Verfügung stellen würde, werden wir in unserem Land wahrscheinlich nicht die notwendige Covid-19-Ansteckungsrate haben, um die Versuche in diesem Ausmaß durchzuführen.“ Kuba habe aber genügend Möglichkeiten, diese Proben mit allen notwendigen Vorkehrungen in einem oder mehreren anderen Ländern durchzuführen.

„Kubas Beitrag könnte für bestimmte verletzbare Gruppen in unserer Region sehr wichtig sein“, erklärte José Mayo, Vertreter der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) in Havanna, der Nachrichtenagentur Reuters. Sollten die Studien erfolgreich sein, werde die PAHO die Verteilung in Lateinamerika und der Karibik übernehmen. Auch die Gesundheitsorganisation der Afrikanischen Union, das Africa CDC in Addis Abeba, zeigte sich bereits interessiert an der kubanischen Unterstützung.

Kuba hat bereits in der Vergangenheit Impfstoffe entwickelt, die weltweit unter anderem gegen Meningitis und Hepatitis B eingesetzt werden. Die Insel stützt sich dabei auf die eigene biochemische Industrie, die das Land seit den 1980er Jahren entwickelt hat. Havanna hatte damit auch auf die anhaltende Blockade durch die USA reagiert, die sich auch gegen die Gesundheitsversorgung richtete und bis heute richtet.

Für eine weitere Verschärfung des Wirtschaftskrieges wollen nun die ul­trarechten US-Senatoren Marco Rubio und Bob Menendez sorgen. Im September haben sie im Oberhaus des US-Kongresses einen Gesetzentwurf eingebracht, der die als „Menschenhandel“ verleumdete medizinische Zusammenarbeit zwischen Kuba und vielen anderen Ländern bekämpfen soll. Unter anderem wollen die beiden Republikaner die unter Barack Obama eingeschränkte Abwerbung kubanischer Ärztinnen und Ärzte während ihrer Auslandseinsätze wieder ausweiten.

Doch selbst in den Vereinigten Staaten wächst der Widerstand gegen die mörderische Blockadepolitik, deren Folgen auch die US-Bürger selbst erleiden. Anfang November forderten der Bürgermeister und der Stadtrat des kalifornischen Sacramento die US-Regierung offiziell auf, die Aggression gegen Kuba zu beenden. Das Land habe einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie geleistet, heißt es in dem Beschluss. Doch die US-Blockade habe die wissenschaftliche und medizinische Zusammenarbeit drastisch eingeschränkt und verhindere, dass die Bürger von Sacramento „von der kubanischen biotechnischen, medizinischen und gesundheitspolitischen Expertise bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie profitieren können“.

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"Hoffnung der Armen", UZ vom 27. November 2020



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