Zum geplanten Devisenraub der EU

In den Abgrund

Das jüngste Berliner Gehampel, zuweilen aufgeblasen als „Verhandlungen“ tituliert, ist irrelevant. Es hat ohne Russland als dem wichtigsten Partner von Verhandlungen für ein Ende des Ukraine-Krieges stattgefunden, die einen solchen Namen verdient hätten. Daran ändern die protokollarischen Aufwertungen durch einen Empfang Selenskis beim deutschen Bundespräsidenten mit schickem Abendessen nichts.

Wirkliche Entscheidungen haben die westeuropäischen Weltpolitiker erst – nach Redaktionsschluss dieser Zeitung – in Brüssel zu treffen. Ab Donnerstag beraten die Staats- und Regierungschefs der EU über den geplanten Raub von 185 Milliarden Euro, die die russische Zentralbank vor 2022 im Vertrauen auf die Seriosität westeuropäischer Finanzinstitutionen dort verzinslich angelegt hatte. Insbesondere der deutsche Imperialismus drängt auf die Überweisung dieser Russland gehörenden Gelder an den Frontstaat Ukraine, der sonst in den USA und anderswo keine neuen Waffen kaufen könnte.

Dieses Geld liegt – zur Zeit dem Zugriff seiner Eigentümer durch EU-Beschluss entzogen – beim belgischen Finanzhaus Euroclear. Dort haben rund 100 Zentralbanken aus der ganzen Welt Währungsreserven hinterlegt – insgesamt ungefähr 42 Billionen Euro. Ihre Chefin Valérie Urbain hatte schon Anfang Dezember öffentlich auf die weitreichenden Folgen des geplanten Raubzugs hingewiesen. Sie hatte die Erwartung geäußert, Russland könnte Euroclear verklagen, wenn es durch die EU gezwungen wäre, diese Einlage vertragswidrig zu veruntreuen. Das ist inzwischen vor russischen Gerichten geschehen. Es könne aber, so Valérie Urbain, „auch in anderen Ländern oder vor einem Internationalen Gericht“ passieren. „Dann könnten sie Guthaben beschlagnahmen, die wir dort immer noch für unsere Kunden halten.“ Die Folge wäre ein Zusammenbruch Westeuropas als Finanzmarkt.

Der deutsche Bundeskanzler scheint finster entschlossen, alle roten Signale zu ignorieren und den sich aufbauenden Widerstand von Ungarn über Belgien bis hin zu Italien in finsterster teutonischer Tradition brechen zu wollen. Gelänge ihm dies, reißt er nicht nur die Deutschen in einen finanziellen und politischen Abgrund, sondern die anderen in der EU gefangenen Völker gleich mit.

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"In den Abgrund", UZ vom 19. Dezember 2025



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