Neuer Impfstoff könnte Erkrankungen reduzieren

Kaum Grippeschutz

Von Bernd Müller

Kaum steht eine neue Grippewelle bevor, werden wieder Impfungen empfohlen. Insofern unterscheidet sich die aktuelle Kampagne nicht von denen der Vorjahre. Das Besondere in diesem Jahr ist allerdings, dass ein neuer Impfstoff empfohlen wird.

Es liegt an den Erregern, dass die Impfung jedes Jahr angeraten wird: Die Influenzaviren sind eine große, sich ständig verändernde Gruppe, und welche Viren hauptsächlich zirkulieren, ändert sich jedes Jahr. Zudem verändern sich die Krankheitserreger ständig durch Mutationen.

Deshalb muss der Impfstoff nicht nur jedes Jahr neu kombiniert werden, seine Wirkung ist auch durch die ständigen Veränderungen bei den Viren höchst unterschiedlich. Diesen Winter fällt die Schutzwirkung vermutlich gering aus. Der bisher verwendete Dreifachimpfstoff wirkt nach einer aktuellen Einschätzung von Experten nur bedingt. Eine Sprecherin des Robert-Koch-Instituts (RKI) sagte vor einer Woche gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Mehr als die Hälfte der bisher nachgewiesenen Influenza-Fälle wurden durch Influenza-B-Viren der Yamagata-Linie verursacht, die nicht in dem Dreierimpfstoff enthalten sind“. Im neuen Vierfachimpfstoff soll es dagegen eine entsprechende Komponente geben.

Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten bislang in der Regel nur die Kosten eines Dreifach-Impfstoffs – außer, wenn der Arzt die Verschreibung des teureren Präparats begründet. Grundsätzlich erstatten die gesetzlichen Krankenkassen auch nur die Kosten des Dreifach-Impfstoffs für Risikogruppen – dazu zählen Ältere, Schwangere und chronisch Kranke.

Mit einem Wechsel zur Vierfach-Impfung ist zwar auch kein hundertprozentiger Schutz gewährleistet. Doch nach Modellrechnungen des RKI wurden jedes Jahr in Deutschland mit dem neuen Vierfach-Impfstoff 270 000 Grippeerkrankungen verhindert und mehr als 100 000 Arztbesuche unnötig werden. Zudem würden mindestens 1 000, möglicherweise auch bis zu 5 000 Klinikeinweisungen wegfallen, heißt es in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Januar.

Wie lange es dauern wird, bis die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten des neuen Impfstoffs erstatten, ist noch unklar. Zunächst muss dies vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen werden. Dieses Gremium bestimmt, welche medizinischen Leistungen von den Krankenkassen übernommen werden. Gudrun Köster vom G-BA sagte nach Angaben der Süddeutschen Zeitung, dass der G-BA bislang nicht geregelt habe, „ob für die Impfung ein Drei- oder Vierfachimpfstoff zu verwenden ist“. Innerhalb von drei Monaten werde eine Entscheidung zur Umsetzung getroffen.

Die Entscheidung kann demnach auch erst dann getroffen werden, wenn die Grippewelle wieder abflaut. Wie lange diese andauert, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Aber seit Mitte Dezember steigen die Erkrankungszahlen an. Und in den vergangenen Jahren begann die Grippewelle meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate. Sollte sich der G-BA viel Zeit mit seiner Entscheidung lassen, bleiben die Patienten wohl auf den Kosten sitzen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Kaum Grippeschutz", UZ vom 26. Januar 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Stern.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit