Kultursplitter

Bedroht

Der Schriftsteller Roberto Saviano, der das Leben in süditalienischen Städten, den weitreichenden Einfluss der „Ehrenwerten Gesellschaften“, die grassierende Korruption und Wirtschaftskriminalität in seinen Romanen gründlich dargestellt hat, lebt seit vielen Jahren unter Polizeischutz. Nun hat er eine Vorladung eines römischen Gerichts erhalten. Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat dort Klage gegen Saviano wegen angeblicher Verleumdung und Rufschädigung eingereicht. Saviano sagte der britischen Zeitung „The Observer“: „Ich muss wegen meiner Meinung vor Gericht. Das ist die Vorgehensweise von Salvini. Er will seine Gegner mit Klagen mundtot machen.“ Letzten Sommer hatte Salvini damit gedroht, Saviano den Polizeischutz zu entziehen, was ob der Morddrohungen der Mafia eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten würde. In der italienischen Zeitung „La Repubblica“ fand sich eine Solidaradresse mit Saviano, dieser Erklärung schlossen sich mittlerweile viele Künstler und Intellektuelle an.

Kolonialerbe

Es ist weiterhin ein Skandal, wie die Bundesregierung und die von ihr ausgehaltenen deutschen Museen und Forschungsstellen mit dem sogenannten „kolonialen Erbe“ umgehen.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, laviert als nächster für einen „differenzierten Umgang mit Exponaten mit kolonialer Vergangenheit“. So wichtig die Erforschung der Herkunfts- und Erwerbungsgeschichte sei, so wenig dürften die Kulturgüter in den Sammlungen der Museen auf ihr Schicksal in der Kolonialzeit reduziert werden, meinte Parzinger in einer Berliner Zeitung. Das Erste hält man offiziell zwar für wichtig, aber arbeitet schleppend und mit immer neuen Vor- und Einwänden. Das Zweite ist eine reine Schutzbehauptung, niemand reduziert die Museen auf diese „Erwerbungen“. Im geplanten Berliner Humboldt -Forum, mit den politisch-ideologischen Vorgaben, die gemacht wurden, will man den eurozentrischen Blick überwinden. Die grundsätzlich richtige Haltung, dass Kolonialgeschichte immer auch eine Geschichte von ungleicher Macht, Repression und Rassismus gewesen sei, trägt man als Spruchband vor sich her, will aber unter allen Umständen keine Konsequenzen ziehen und dem Anspruch der Völker gerecht werden, die unter der Kolonialherrschaft nicht nur gelitten haben, sondern ihrer Kultur und Geschichte beraubt wurden.

Formsuche

Die am 29. März verstorbene französische Regisseurin Agnès Varda wurde 91 Jahre alt, sie arbeitete bis ins hohe Alter. 2017 kam der Dokumentarfilm „Augenblicke. Gesichter einer Reise“ in die Kinos, der stark autobiographisch angelegt ist. Varda gehört zur  Gruppe der Nouvelle-Vague-Regisseure, aber zumeist denkt man – immerhin liegt die hohe Zeit dieser losen Gruppe von Filmemachern schon rund 50 Jahre zurück – an Regisseure wie Francois Truffaut und Jean-Luc Godard, Agnès Varda war die einzige Frau in diesem Club. Sie selbst formulierte als ihren Anspruch, dass ein Film auch immer eine „Reflexion über die Art des Arbeitens“ sei und dass ein Stoff und eine Materie immer nach einer Form verlangt. Und diese Form muss man finden. „Und wenn ich einen Film beispielsweise drehe wie ‚Die Sammler und die Sammlerin’, also das ist ein Film, da geht es eigentlich um ein sehr ernstes Thema des Müllsammelns, Leute, die von den Resten leben, die andere weggeworfen haben. Aber selbst diesen Film habe ich nicht als eine Soziologin gedreht.“ Varda erhielt spät, aber nicht zu spät einige Auszeichnungen für ihre Arbeiten, 2015 den „Europäischen Filmpreis für ihr Lebenswerk“, 2017 einen „Ehren-Oscar“ und in diesem Jahr den Preis „Berlinale Kamera“, ebenfalls eine Würdigung ihres langen Schaffens.

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"Kultursplitter", UZ vom 5. April 2019



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