Über die Verlängerung von New Start

Noch viel zu tun

Man kann es als einen Sieg der Restvernunft betrachten. Russlands Präsident Wladimir Putin und der neue US-Präsident Joseph Biden kamen in ihrem ersten Telefongespräch überein, den New-Start-Vertrag, der am 5. Februar ausgelaufen wäre, ohne Bedingungen und Änderungen zu verlängern. Das ist nicht wenig in diesen von Konfrontation und Irrationalität geprägten Zeiten.

Der New-Start-Vertrag von 2010 reduziert die Zahl der strategischen Sprengköpfe Russlands und der USA auf 1.550. Die Gesamtzahl der strategischen Trägermittel, Raketenbomber, Atom-U-Boote ist auf 800 begrenzt. New Start bedeutet eine deutliche Reduzierung gegenüber Start I von 1991, der eine Reduzierung auf 6.000 Gefechtsköpfe je Seite vorsah.

Nachdem die USA aus dem INF- und dem ABM-Vertrag ausgestiegen sind und auch das Open-Skies-Abkommen verlassen hatten, war New Start der einzige Rüstungsbegrenzungsvertrag, der noch existierte. Zu bemerken ist allerdings, dass die numerische Größe der strategischen Mittel längst nicht mehr der entscheidende Faktor ist. Heute geht es um Geschwindigkeit, Zielpräzision, Miniaturisierung, Penetrationsfähigkeit, Manövrierbarkeit, autonome Zielerfassung, Schwarmfähigkeit et cetera. Es geht um das alte Ziel des US-Imperiums, dem sowjetischen, heute dem russischen, „Huhn den Kopf abschlagen“ zu können, bevor es sich wehren kann. Wie Wladimir Putin allerdings in seiner Rede am 1. März 2018 klargemacht hat, dürfte das nicht mehr ganz so einfach sein. Die russische Raketentechnik hat elaborierte Systeme hervorgebracht, auf welche die US-Kriegsmaschine eingestandenermaßen keine Antwort hat. Eine Aufstockung alter Technik macht in diesem Kontext wenig Sinn. Joseph Biden kann auf einem Feld, wo es für ihn eh nichts zu gewinnen gibt, einige Punkte machen.

Biden ist sichtlich bemüht, seinem Wahlkampfmotto „Ich heiße nicht Donald Trump“ gerecht zu werden. Er hat einen ganzen Wust von Dekreten erlassen, bei denen es darum geht, gut auszusehen. Ähnlich wie sein Ex-Chef, Barack Obama, der zu Beginn eine atomwaffenfreie Welt versprach, um am Ende eines der größten atomaren Aufrüstungsprogramme auf den Weg zu bringen, welche die US-Kriegsmaschine je gestartet hat. Damit die Hoffnungen auf Frieden und Entspannung nicht zu groß werden, hat Biden die Droh- und Provokationskulisse mit atomwaffenfähigen Bombern und Flugzeugträger-Kampfgruppen sofort weiter auffahren lassen.

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"Noch viel zu tun", UZ vom 5. Februar 2021



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