Am 5. Oktober wurden die Abgeordneten des syrischen Parlaments festgelegt. „Die Wahl zur syrischen Nationalversammlung ist ein erster wichtiger Schritt zu mehr politischer Teilhabe“, heißt es dazu auf den Seiten des Auswärtigen Amtes.
Es war eine Wahl unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Drittel der Mitglieder des Parlaments wurden von vornherein vom Übergangspräsidenten al-Sharaa festgelegt, die anderen wurden ausgewählt von lokalen Komitees, die ihrerseits von einer Wahlkommission bestimmt wurden, die – von al-Sharaa bestimmt war. Und als wäre das noch nicht genug, wurde in den kurdisch dominierten Gebieten und in dem der Drusen gleich gar nicht gewählt. Ihre 32 Sitze bleiben unbesetzt.
Die USA, für die vor nicht allzu langer Zeit al-Sharaa als Terrorist galt, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war, arbeiten nun daran, ihm den Rücken zu stärken – mit oder ohne Wahl.
Die kurdische Verwaltung im Norden Syriens verweigerte sich der Integration in den syrischen Staat unter Assad und nun auch unter al-Sharaa. Zwar gab es im März ein Abkommen zwischen den SDF und al-Sharaa, in dem beide Seiten der Integration der kurdischen Verwaltung in den syrischen Staat bis zum Ende dieses Jahres zustimmten, umgesetzt wurde es aber nicht.
Die Spannungen zwischen den SDF und den neuen syrischen Sicherheitskräften nahmen zu. Die SDF lehnten die Wahlen als undemokratisch ab und es kam in Aleppo sogar zu Kämpfen gegen staatliche Sicherheitskräfte in Stadtteilen mit mehrheitlich kurdischer Bevölkerung. Die USA drängten mittlerweile die SDF, das Abkommen umzusetzen. Der Sondergesandte des US-Präsidenten, Thomas J. Barrack, verhandelte mit SDF und al-Sharaa. Und um den US-Forderungen Nachdruck zu verleihen, brachte Barrack gleich Admiral Brad Cooper mit, den Kommandeur des für die Region zuständigen „Central Command“. Mit Erfolg. Der Kommandeur der SDF, Mazloum Abdi, erklärte, dass in den Gesprächen eine Einigung mit Damaskus über das Prinzip der Dezentralisierung erreicht wurde – nur, was darunter zu verstehen sei, darüber gab es keine Einigung. Und ein Rückzug der SDF aus den ölreichen Gebieten, erklärte Abdi, stehe nicht zur Debatte.
Die Wahlen, die den Einfluss von al-Sharaa verfestigen, waren nur eine Attrappe, Entscheidungen fallen an anderer Stelle. Aber wer fragt schon nach Wahlen, wenn es um Größeres geht.