Zu „Neue Töne, neue Themen“, UZ vom 28. August

Pasolinis Film-Trilogie fehlt

Olaf Brühl, Berlin

Eine schöne Literaturbemerkung in der UZ, hoffen wir, dass sie zum Griff nach diesen Büchern anregt, die zu lesen immer bereichernder ist, als einige Türme aktueller sogenannter „Bestseller“! Allerdings nur sehr schwer nachvollziehbar ist gerade in diesem Zusammenhang die Ausblendung der weltbekannten Film-Trilogie des kommunistischen Filmregisseurs Pier Paolo Pasolini, der in seiner bildmächtigen Art just die erwähnten drei Literaturwerke in eine „Kino-Welt“ als „Trilogie der Lebensfreude“ übersetzte: Die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht (deren Herzstück, die Geschichte von Sindbad dem Seefahrer, wiederum auf der Sage von Odysseus beruht und insofern mit Homers Odyssee sich berührt), das Decameron und die Canterbury-Tales. Pasolinis Arbeit an den Filmen, für die er weite Reisen unternahm, führten ihrerseits wieder zu wunderbaren literarischen Ergebnissen, die auch in deutschen Buchpublikationen zu haben sind: Der Atem Indiens und Afrika, letzte Hoffnung sowie das Buch Reise in tausendundeine Nacht.

Pasolini selbst wurde berühmt als Dichter, indem er Gedichte im Friaul, der bereits fast vergessenen Volkssprache des Friaul, schrieb und daraufhin als Spezialist für Jargons für die Drehbuchmitarbeit von Federico Fellini herangezogen wurde, da Pasolini sich in der Sprache der römischen Vorstädte auskannte, auf die Fellini Wert legte.

Zur Hypothese des Artikels wäre noch anzumerken, dass das Florentinische die Sprache der Herrschenden Klasse von Florenz war, die sich als bürgerliche – und bald adelige – Kraft so gegen das Latein der Kirche und den Kirchenstaat emanzipierte, gleichzeitig die Sprache der anderen italienischen Regionen zu dominieren versuchte: gegen die neapolitanischen, norditalienischen usw. Dialekte. Ein Kampf, der lange Zeit geführt wurde – nicht zuletzt im Zeichen der Bankiersfamilie Medici, die es bis zum Thron von Frankreich bringen sollte, und noch heute für Groll sorgt.

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"Pasolinis Film-Trilogie fehlt", UZ vom 4. September 2020



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