Burkina Faso: Geplanter „Kompromiss“ sichert Macht der Eliten

Putsch der alten Garde

Von Georges Hallermayer

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Burkina Faso, die ehemalige französische Kolonie Obervolta, gehört zu den ärmsten und besonders stark verschuldeten Ländern der Erde. Der Großteil der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, um die wenigen vorhandenen Rohstoffvorkommen zu erschließen, fehlt die nötige Infrastruktur.

Am 16. September schossen Militärs erneut auf Demonstranten. Vor einem Jahr hatte eine Bewegung aller Bevölkerungsschichten mit Aufständen, Massendemonstrationen und Streiks den seit 27 diktatorisch herrschenden Präsidenten Blaise Compaoré ins Exil gejagt. Dessen Präsidentengarde (RSP) putschte jetzt die – in einem gesellschaftlich getroffenen Kompromiss – eingesetzte Übergangsregierung weg. Der Chef dieser 1 200 Mann starken „Armee in der Armee“, General Gilbert Diendéré, setzte sich an die Spitze eines „Nationalrates für Demokratie“, der „demokratische Wahlen sicherstellen“ wolle. Internationale Proteste folgten: UN-Präsident Ban Ki Moon, die US-Regierung drohte mit Sanktionen, die Afrikanische Union suspendierte die Mitgliedschaft.

Am vergangenen Wochenende handelten die von der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft gesandten Vermittler mit der „grauen Eminenz“ General Diendéré einen „Kompromiss“ aus: Der abgesetzte Übergangspräsident Michel Kafando, ein früherer Außenminister, darf wieder (bis zu den Wahlen) die Geschäfte führen. Dieser „Kompromiss“ läuft darauf hinaus, die Macht der Compaoré-Clique zu erhalten.

Die für Oktober geplanten Parlamentswahlen werden auf November verschoben. Sie sollen „inklusiv“ durchgeführt werden – gemeint ist: Auch die Seilschaften des alten Regimes werden mit eingeschlossen. Der burkinische Verfassungsrat hatte im August beschlossen, 40 Personen aus dem Umfeld Compaorés von den Wahlen auszuschließen, um einen demokratischen Neuanfang möglich zu machen: Enge Vertraute und Ex-Minister Compaorés, aber auch Fatoumata Diendéré, die Frau des Chefs der Präsidentengarde. Dieser Beschluss soll nun im Papierkorb landen.

Während die Putschisten eine Amnestie für ihre Morde an Demonstranten fordern, bleibt Premierminister Isaac Zida eingesperrt. Er ist der Seilschaft des geschassten Präsidenten ein Dorn im Auge. Soll er wie 1987 der sozialistische Präsident Thomas Sankara von Compaoré und Diendéré entsorgt werden? Als Oberstleutnant die Nr. 2 der Präsidentengarde, hatte er eine gewisse Machtbasis und war sowohl bei den Militärs als auch in der Bevölkerung beliebt. Gleich nach seiner Ernennung ließ Isaac Zida die Vermögen von 23 hohen Repräsentanten des Compaoré-Regimes einfrieren. Alte Seilschaften wurden gekappt: 1 213 „Phantom-Beschäftigte“ des öffentlichen Dienstes (von 135 563) wurden aus den Gehaltslisten gestrichen, da sie nach einer Überprüfung des Finanzministeriums bislang irregulär (d. h. korruptiv) Gehalt bezogen hatten, was etwa 4,1 Millionen Euro im Jahr ausmachte. Am 17. Juli fordert die Präsidentengarde offen den Rücktritt Zidas, Präsident Kafando hatte sich zumindest teilweise widersetzt.

Auch das neue, am 27. Juni verabschiedete Bergbaugesetz richtete sich gegen die imperialistischen und einheimische Oligarchen. Es reduzierte für die Unternehmen die Ausnahmen für Steuer- und Zollbefreiung. Die Bergbauunternehmen wurden verpflichtet, ein Prozent ihres Umsatzes monatlich an die umliegenden Gemeinden zu zahlen. Am 13. März hatte die Regierung Pan African Minerals die Lizenz zum Export von Mangan entzogen, da diese ihrer Verpflichtung nicht nachkam, die Straße zwischen Dori und Tambao zu teeren und zwischen Kaya und Tambao eine Eisenbahnverbindung zu bauen – im nordburkinischen Tambao lagern große Manganvorkommen, Mangan wird z. B. in der Stahlproduktion verwendet.

Die Beschäftigten hatten diese Maßnahme mit sozialen Protesten und Streiks begleitet. Seit langem hatte der Gewerkschaftsbund CGT eine Senkung des Benzinpreises gefordert, mit einem zweitägigen Streik im Februar setzte er sich durch: Benzin wurde von der Mehrwertsteuer ausgenommen. Das Arbeitsministerium beschloss außerdem, durchgehende Arbeitszeiten von 7:00 Uhr bis 15:00 Uhr vorzuschreiben, damit die Beschäftigten die Kosten für eine Heimfahrt in der Mittagspause sparen können.

Als sich am 16. September die Nachricht des Putsches verbreitete, stürmten in der Stadt Yako aufgebrachte Demonstranten das Haus des Generals Diendéré, zwei Tage später brannten sie es nieder. Die burkinische Tageszeitung Le Pays berichtet von einer voläufigen Bilanz der Demonstrationen: Für 17 Tote und 118 Verletzte sind die Putschisten allein in der Hauptstadt Ouagadougou verantwortlich.

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"Putsch der alten Garde", UZ vom 25. September 2015



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