Der Zusammenhang von Kriegspolitik und Hochrüstung auf der einen und Reallohnverlusten und sozialem Kahlschlag auf der anderen Seite wurde auf den Bühnen der Maikundgebungen des DGB nur selten hergestellt. Positive Ausnahmen gab es vor allem in Reden von Gewerkschaftsjugendlichen. Freya Pillardy, Sozialarbeiterin bei der Stadt Kassel, sprach zum Beispiel in Kassel für den Bezirksjugendvorstand der ver.di Nordhessen: „In der Tarifrunde im öffentlichen Dienst hieß es immer wieder, das Geld für unsere Forderungen sei nicht da. Jetzt sind aber Hunderte Milliarden für Unternehmenssubventionen dar, die Superreichen sollen auch nach dieser Bundestagswahl nicht stärker besteuert werden und für Rüstung dürfen jetzt Schulden ohne Ende gemacht werden“, so Pillardy. „Ich denke, dass die rekordverdächtige Aufrüstung zwar die Aktienkurse bei Rheinmetall und Co. In die Höhe schießen lässt, aber keinen Frieden schaffen wird.“ Ein besser aufgestellter öffentlicher Dienst hingegen sei im Interesse der breiten Bevölkerung: „Wenn es mehr Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen, Sozialarbeiterinnen, Tramfahrerinnen etcetera geben würde, dann wäre unser aller Leben wirklich sehr viel sicherer!“ Die komplette Rede in der sich Pillardy auch zur Übernahmeregelung im Öffentlichen Dienst mit Blick auf das Bekenntnis zur „freiheitlich demokratische Grundordnung“ äußert, gibt es hier.
Transparente gegen den Krieg
Auf den Mai-Demonstrationen hingegen waren Friedenslosungen kaum mehr zu übersehen. In vielen Städten wurde ein Ende von Kriegspolitik und Rüstungswahn auf Schildern und Transparenten eingefordert – von Gewerkschaftsgruppen der IG BAU, der GEW, von ver.di und der IG Metall. In Dortmund zum Beispiel bildete der Jugendblock die Demonstrationsspitze mit der Losung „Wir brennen für Klassenkampf statt Krieg und Krise“. Auch linke Parteien und Organisationen wie die DKP und Friedensinitiativen trugen Friedenslosungen in die Mai-Demonstrationen wie unsere Bildstrecke dokumentiert. In vielen Städten protestierten Jugendliche gegen die neue Wehrpflicht. Ebenso gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen mit Palästina.
DKP im Görlitzer Park
DKP und SDAJ beteiligten sich zum Teil auch an alternativen und revolutionären Maidemonstrationen wie in Magdeburg oder beim „Rave gegen den Zaun“ im Görlitzer Park in Berlin Kreuzberg. Dort sprach Matthew Read, Vorsitzender der DKP Pankow, vor tausenden Feiernden: „Als DKP waren gerade bei der Gewerkschaftsdemo in Friedrichshain. Die Gesprächsthemen dort sind schwerwiegend: Die Wirtschaft hier in Deutschland geht in das dritte Rezessionsjahr in Folge, und die Unternehmerverbände drängen darauf, dass wir längere Arbeitstage, niedrigere Reallöhne und massive Kürzungen bei Sozialprogrammen akzeptieren sollen. Sie wollen ihre Profite sichern, indem sie uns intensiver und länger ausbeuten. Zugleich sollen wir nun mit Lohn und Leib für ihren Krieg gegen Russland zahlen. Diese Angriffe auf uns werden das soziale Elend hierzulande massiv verschärfen. Die komplette Rede, in der Read auch auf die Pläne eingeht, einen Zaun rund um den Görlitzer Park zu bauen – angeblich um Drogenprobleme in den Griff zu bekommen.
Unglaubliches aus Lübeck
In Lübeck musste die DKP ihren Infostand beim Maifest des DGB in diesem Jahr gerichtlich durchsetzen. Der DGB hatte die Kommunisten ausgeladen – wegen „unüberbrückbarer Differenzen“. In einem Brief an zahlreiche Organisationen hatte der DGB darauf hingewiesen, dass Stände nur an diejenigen vergeben werden können, „die sich mit unseren Werten und Positionen identifizieren“. Der Katalog, der da präsentiert wurde, hatte allerdings mit Grundwerten von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern nichts gemein, sondern las sich eher wie eine Solidaritätserklärung mit der neuen Bundesregierung: „Dazu zählen die uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine, das Bekenntnis zu Europa und zur NATO-Mitgliedschaft, zum Existenzrecht Israels … und das Bekenntnis zur Richtigkeit des Sondervermögens“. Die Werte und Positionen seien in einer Arbeitsgemeinschaft von acht Gewerkschaften erarbeitet worden, erklärte DGB-Regionssekretärin Lara Gerecke gegenüber den „Lübecker Nachrichten“. Für die DKP erklärte deren Lübecker Vorsitzender Wilfried Link, diesen Gruselkatalog nicht zu unterschreiben: „Wir schieben Russland nicht allein die Schuld am Krieg in der Ukraine zu und wir lehnen die Kriegskredite ab.“ Der DGB untersagte daraufhin den Stand und auch eine bereits erteilte Genehmigung eines Infotisches bei der Stadt am Rande des Festes wurde zunächst zurückgezogen und musste gerichtlich erstritten werden. Daumen hoch für die DKP Lübeck!
Es geht auch anders. Das zeigte unter anderem der DGB in Mörfelden: Seine Demonstration und Saalveranstaltung am 1. Mai mit eine Rede von Frank Deppe und Musik vom Absinto Orkestra stand unter dem Motto: „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!“
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