Ein kleiner, aber teurer Video-Dreh, den die Medien gerne verbreiteten: Der weit über 90 Jahre alte Kriegsveteran Ken Turner wird in einen Panzer gesetzt, der einen Tesla plättet, auf dessen Nummernschild „Fascism“ steht. Die sehr schlichte Botschaft: Tesla-Chef Elon Musk unterstützt Rechte und Rechtsextreme. Wer ein E-Auto von Tesla kauft, unterstützt den Faschismus.
Das vom Panzer überrollte Fahrzeug scheint tatsächlich zu den wenigen zu gehören, die Tesla noch verkauft hat. Medien berichten über Lager voll mit unverkauften Cybertrucks. Im ersten Quartal soll die Auslieferung von Teslas um 13 Prozent zurückgegangen sein. In Deutschland sind die aktuellen Zahlen noch deutlicher: Im April wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt 885 Tesla-Fahrzeuge verkauft, das wäre ein Rückgang um 45,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Liegt es an Elon Musk, dass der Absatz einbricht? „I bought this before Elon went crazy“ ist auf Aufklebern zu lesen, die Tesla-Fahrer an ihrem Auto angebracht haben. Für die Käufer von – nicht ganz billigen – E-Autos kann es individuell durchaus verstörend sein, dass der „Tech-Pionier“ den Wahlkampf Donald Trumps finanziell unterstützt hat und sich öffentlich für die AfD ausspricht. Die Marke und ihr Chef lebten und leben schließlich auch von dem Versprechen, Teil einer „Mission“ zu sein, die Menschheitsprobleme wie den Klimawandel durch technischen Fortschritt lösen will.
Ein Grund dafür, dass vor allem auch begeisterte E-Auto-Narren zur Konkurrenz abwandern, sind die technischen Probleme, die Tesla-Modelle aufweisen. In ihrem Buch „Die Tesla-Files“ stellen Sönke Iwersen und Michael Verfürden anhand interner Dokumente dar, wie groß die Probleme allein beim Thema Autopilot sind. Musk hatte bereits 2019 davon gesprochen, dass es spätestens ein Jahr später möglich sein werde, ohne menschliche Aufsicht zu fahren. Das ist bis heute nicht der Fall. Dazu kommt, dass die verfügbaren Autopilot-Funktionen von Tesla schwere Fehler aufweisen.
Tesla schweigt dazu und gibt auch keine Daten zu Fehlfunktionen und daraus resultierenden Unfällen heraus. Iwersen und Verfürden stützen sich in ihrem Buch auf Daten, die vom Whistleblower Lukasz Krupski stammen. Dieser hatte als Tesla-Fan unbedingt für Musk arbeiten wollen und war entsetzt darüber, unter welchen Bedingungen die Beschäftigten die Elektroautos montieren müssen. Nachdem er Sicherheitsmängel meldete, wurde Krupski überwacht und drangsaliert. Deshalb entschied er sich, Informationen über Tesla zu sammeln und damit an die Öffentlichkeit zu gehen.
Berichte über Sicherheitsmängel, Arbeitsunfälle und Vertuschung sind auch aus dem Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide bekannt. Unter dem Titel „Inside Tesla“ berichtete der „Stern“ 2023 darüber und über gravierende Mängel in der Ausbildung sowie in der Produktion.
„Tesla-Files“-Autor Verfürden zeigt sich im Interview mit der „Berliner Zeitung“ überrascht, dass „Musks System seit so langer Zeit funktioniert“. Für die Medien sei der Konzern eine „Blackbox“: „Dass allgemein so wenig nach draußen ging, das ist wirklich total irre.“ Die Tesla-Mischung aus Loyalität und Angst sei es, die die Beschäftigten schweigen ließe. „Fast alle, die dort arbeiten, haben uns gesagt: ‚Du musst wahnsinnig gut aufpassen, was du im Werk sagst‘“, so Verfürden. Und Iwersen ergänzt: „In Grünheide herrscht die pure Angst.“
Kein gute Grundlage, um Probleme in der Produktion abzustellen. Ein Krankenstand von 17 Prozent im Tesla-Werk in Grünheide verweist zudem darauf, dass der Druck auf die Beschäftigten hoch ist. Das war im August letzten Jahres. Die Geschäftsführung reagierte – allerdings mit Drohungen und Überwachung. Hausbesuche bei kranken Kolleginnen und Kollegen sowie die Drohung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einzustellen, wirken. Der Krankenstand konnte wieder gesenkt werden.
Die IG Metall versuchte zuletzt herauszubekommen, wie oft Atteste angezweifelt, Lohn einbehalten und Aufhebungsverträge bei Krankheit vorgelegt wurden. Ein entsprechender Antrag auf Auskunft an die Tesla-Werksleitung fand jedoch keine Mehrheit im Betriebsrat. Auch das gehört zum System Tesla: Die Betriebsratsvorsitzende, Michaela Schmitz, sieht ihre Aufgabe ganz offenbar darin, die IG Metall aus dem Werk herauszuhalten.
Dass solche Zustände wie bei Tesla nicht etwa abschrecken, sondern auch Vorbild sein können, macht der Chef des Kapitalverbands BDA, Rainer Dulger, deutlich. Statt den US-Konzern dafür zu kritisieren, dass er unlauteren Wettbewerb betreibt, indem er sich über geltende gesetzliche Regelungen hinwegsetzt, nahm Dulger sich Tesla zum Vorbild und forderte die generelle Begrenzung der Lohnfortzahlung.