Tesla will Produktion in Grünheide verdoppeln

Undankbares ­Brandenburg

Es könnte eine der Erfolgsmeldungen sein, die Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit so dringend braucht: Der Osten boomt. Das hatte Scholz beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum angekündigt und schon einen Monat später kann er den Elektroautohersteller Tesla als erfolgreiches Beispiel anführen.

Denn Tesla plant, seinen Standort in Grünheide in Brandenburg massiv auszubauen: Nach Berichten des „Tagesspiegel“ will der US-Konzern die Zahl der Beschäftigten von derzeit 11.000 auf 22.500 erhöhen. Auch die Produktion soll verdoppelt werden – von 500.000 auf eine Million Pkw pro Jahr. Dafür wird eine neue Fertigungsstätte gebaut, die bereits 2024 teilweise in Betrieb genommen werden soll. Tesla hat es eilig und will die Produktion schon starten, wenn sich Teile der neuen Halle noch im Bau befinden.

Vor Ort ist die Begeisterung verhalten – im Gegensatz zur Kritik. Die Bürgerinitiative Grünheide schreibt, dass eine gigantische mehrgeschossige Fabrikhalle errichtet werden soll, die „auf hunderten von Pfählen“ stehen werde, die „bis ins Grundwasser reichen und das teilweise im Wasserschutzgebiet“. Dadurch ergebe sich eine weitere Gefährdung des Grundwassers für die wichtigste Brunnenanlage des regionalen Wasserversorgers.

Kritik gibt es auch von der IG Metall. Bezirksleiter Dirk Schulze begrüßt zwar die Pläne, mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings seien bei Tesla allein im Juni rund 200 Festangestellte gegangen worden – durch Entlassung oder über die Unterzeichnung von Abfindungsverträgen. Zudem sei eine mittlere dreistellige Zahl von Leiharbeitern „abgemeldet“ worden, ohne das Produktionsziel abzusenken. Entsprechend hoch sei der Krankenstand.

Bei Tesla in Grünheide gilt zudem kein Tarifvertrag. Kein Wunder, denn Konzernchef Elon Musk ist ein Gewerkschaftsfeind und hält nichts von Tarifverhandlungen. Er spricht viel und gerne über soziale und ökologische Versprechen, diese einzuhalten ist ihm aber zu teuer. Entsprechend wenig Interesse hat er an gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten. Statt einer „sozialen Infrastruktur“, wie sie von der IG Metall gefordert wird, setze Tesla auf Druck und erhöhe die Arbeitsbelastung, so Schulze.

Und auch mit den ökologischen Versprechungen des US-Konzerns ist es nicht weit her. Mit dem Ausbau des Werks in Grünheide sei geplant, ein eigenes Gaskraftwerk zu bauen, berichtet das Tech-Portal „Giga.de“: „Nicht Wasser- oder Windkraft, keine Solarenergie, nein. Ein klassisches Gaskraftwerk soll es sein.“

Die Regierung wird dafür sorgen müssen, dass die Brandenburger endlich damit aufhören, ihre Gartenpflanzen mit kostbarem Leitungswasser zu gießen und ihre Wohnungen mit Gas zu heizen. Schließlich braucht die erweiterte Tesla-Fabrik künftig noch sehr viel mehr Wasser und Energie als heute schon – zu günstigen Preisen natürlich.

  • Aktuelle Beiträge
Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Undankbares ­Brandenburg", UZ vom 28. Juli 2023



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Flagge.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit