Tesla Grünheide: Konzern hält an Werksausbau fest, Belegschaft wählt Betriebsrat

Musk zieht durch

Tesla-Chef Elon Musk mache sich nach „dem Anschlag auf die Stromversorgung“ der Autofabrik im brandenburgischen Grünheide „persönlich ein Bild von der Lage“ – so oder so ähnlich berichteten deutsche Medien in der vergangenen Woche. Bei seinem „Überraschungsbesuch“ trug Musk seinen Sohn auf den Schultern und wurde laut „Business Insider“ von der Belegschaft „mit Jubel und ‚Elon‘-Rufen begrüßt.

Es gab einige Themen, die den Tesla-Chef zu einem Besuch in Brandenburg bewegten. Da wäre zum einen der Protest gegen die Erweiterung seiner „Gigafactory“ in Grünheide. In einer Befragung hatte sich eine klare Mehrheit der Anwohnerinnen und Anwohner dagegen ausgesprochen. Kein Grund für Tesla, nicht trotzdem den Ausbau zu planen. Tesla habe „die Pläne für die Erweiterung seines Werkgeländes überdacht“, meldete „rbb24“ Ende letzter Woche. Der Autokonzern wolle nun 47 statt 100 Hektar Wald roden. Auch die Politik ist damit zufrieden: Arne Christiani, Bürgermeister von Grünheide, kündigte bereits einen neuen Bebauungsplan an, für den er Unterstützung forderte. Die Pläne des US-Elektroautoherstellers seien auf „ein geringes Maß reduziert“ worden, so Christiani. Seit Donnerstag (nach Redaktionsschluss) sollte der Bebauungsplan öffentlich ausliegen, dann sollen Gemeindevertreter darüber abstimmen.

Dass das Votum der Bürgerbefragung ignoriert werden würde, war absehbar. Aktivisten hatten deshalb frühzeitig ein Protestcamp im an das Tesla-Werk angrenzenden Wald aufgeschlagen. Zu Redaktionsschluss war noch nicht bekannt, ob das Verwaltungsgericht in Potsdam eine Entfernung der Baumhäuser anordnet oder die Aktion fortgesetzt werden darf. Einer, der die Entscheidung kaum abwarten konnte, ist Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Er hatte Tage zuvor bereits angekündigt, dass Verstöße gegen Auflagen eine Räumung des Camps nach sich ziehen könnten.

Ein wesentlicher Grund für Tesla-Chef Elon Musk, Grünheide heimzusuchen, dürfte allerdings die in dieser Woche stattfindende Betriebsratswahl in der Autofabrik mit rund 12.500 Beschäftigten gewesen sein. Neun Listen mit 234 Kandidatinnen und Kandidaten traten zur Wahl an. Schon im Vorfeld gab es auch hier gerichtliche Auseinandersetzungen. Nach einem Produktionsstopp aufgrund von Lieferengpässen versuchte das Management, die Betriebsratswahl schnell durchzuziehen, die IG Metall versuchte letztendlich erfolglos, eine Wahl unter „unnötig hohem Zeitdruck“ zu verhindern.

Für die Liste „IG Metall – Tesla Workers GFBB“ kandidieren 106 Beschäftigte. Die bisherige Betriebsratsmehrheit agiert Management-hörig. Anders die IG Metall, die zwar für einen Ausbau des Werks ist, die Arbeitsbedingungen in Grünheide jedoch scharf kritisiert: „Die aktuellen Produktionsbedingungen sind unzumutbar“, so eine Betriebsratskandidatin der IG-Metall-Liste. „Und deshalb brauchen wir längere Taktzeiten. Wir brauchen angemessene Bandpausen. Und zusätzlich muss die Unterbesetzung aufhören.“

Ein anderer Kandidat der Liste wird von der IG Metall mit den Worten zitiert: „Ich bin vor drei Jahren zur Gigafactory gekommen. Ich hatte Bock. Ich hatte richtig Lust, etwas zu verändern. Nach drei Jahren bin ich erschöpft.“ Die Äußerungen der Kolleginnen und Kollegen, die für die IG-Metall-Liste kandidieren, wurden ohne Nennung von Namen veröffentlicht. Und das mit gutem Grund: Tesla ist als Unternehmen bekannt, das mit Union-Busting-Methoden gegen engagierte Gewerkschafter vorgeht.

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Über den Autor

Lars Mörking (Jahrgang 1977) ist Politikwissenschaftler. Er arbeitete nach seinem Studium in Peking und war dort Mitarbeiter der Zeitschrift „China heute“.

Mörking arbeitet seit 2011 bei der UZ, zunächst als Redakteur für „Wirtschaft & Soziales“, anschließend als Verantwortlicher für „Internationale Politik“ und zuletzt – bis Anfang 2020 – als Chefredakteur.

 

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"Musk zieht durch", UZ vom 22. März 2024



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