Über Gewalt

Der SDAJ-Genosse Olaf Heydenbluth wurde nur 23 Jahre alt. Er wurde 1993 in seiner Wohnung im thüringischen Suhl erhängt aufgefunden. Obwohl bekannt war, dass Olaf Morddrohungen von Nazis erhalten hatte, wurde nicht ermittelt.

In anderen Fällen hieß es damals häufig: … bei Auseinandersetzungen „rivalisierender Jugendbanden“ ums Leben gekommen.

Nachdem der SPD-Politiker Matthias Ecke beim Plakate aufhängen angegriffen und schwer verletzt wurde, geht alles viel schneller. Die Täter sind ermittelt. Es sei gezielte Gewalt gewesen, gegen unsere Demokratie, angetrieben von der AfD, schallt es durch den Blätterwald. Nun brauche es sofort schärfere Gesetze und natürlich mehr Polizei. Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) will „die Bedrohung von Amts-, Mandatsträgern und Ehrenamtlern“ unter Strafe stellen. Seine Kollegin aus dem Justizministerium, die Grüne Katja Meier, gleich die „Beeinflussung staatlicher Entscheidungsträger“ bestrafen – und meint damit keine Lobbyisten.

Wer in Deutschland gegen Faschisten vorgehen möchte, braucht keine neuen Gesetze. Er müsste nur Artikel 139 des Grundgesetzes konsequent anwenden: „Die zur ‚Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus‘ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ Da das deutsche Monopolkapital die faschistische Herrschaft derzeit nicht braucht, aber nicht auf den Militarismus verzichten kann, schweigt die Politik. Es könnte ja jemand darauf kommen, dass Kriegskredite, massive Aufrüstung, Militär im Schulunterricht und Veteranentage schon irgendwie an Traditionen des deutschen Militarismus erinnern. Und der hatte mit Demokratie noch nie so richtig viel am Hut.

Die möchte aber SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigen, gegen ein gesellschaftliches Klima von Hass und Hetze, das „gezielt von Rechtsextremen, von rechtspopulistischen Kräften geschaffen“ werde. Dass Klingbeils „demokratische Partei“, wie die meisten anderen auch, keine Hetzkampagne der letzten Jahre ausgelassen hat, vergisst er. Immer wieder traf es Asylsuchende und Flüchtlinge, Arme wurden als Sozialschmarotzer verunglimpft, Griechen als faul. Zuletzt waren Russen und alles Russische dran, nicht zu vergessen die spionierenden Chinesen.

Zudem war die SPD an allen politischen Gewalttaten mindestens beteiligt. Von der Vernichtung von Arbeitsplätzen auf dem Gebiet der DDR über die Abschaffung des Asylrechts, zum Angriffskrieg gegen Jugoslawien und Hartz IV, vom Ausbluten der Südeuropäer über den Wirtschaftskrieg gegen Russland zu Zeitenwende und Kriegstüchtigkeit.

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"Über Gewalt", UZ vom 10. Mai 2024



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