Kommunalwahl in Hessen: Geduldige Arbeit zahlt sich aus – und ist der Weg, um Rechte zu isolieren

Widersprüche aufdecken

Von Olaf Matthes

„Wir sind das Volk“ sagen die Rechten und gewannen. Alleine AfD und NPD erhielten bei den Kommunalwahlen in Hessen im Landesdurchschnitt zusammen 13,5 Prozent der Stimmen. „Viele Wähler haben den Rechten geglaubt, dass die Flüchtlinge für die sozialen Probleme verantwortlich seien“, erklärt der hessische DKP-Vorsitzende Axel Koppey dieses Ergebnis.

„Wir sind die Volksparteien“, behaupten die anderen und verloren. Der Trend zeigte, dass CDU und SPD jeweils auf rund 28 Prozent der Stimmen kamen, das Endergebnis wird vermutlich etwas darüber liegen. Die Wahlbeteiligung lag landesweit bei nur 48 Prozent, in Frankfurt am Main waren es 38,9 Prozent. Die beiden „Volksparteien“ erhielten jeweils die Stimmen jedes achten Wahlberechtigten. Was ist mit den drei Vierteln der Wählerinnen und Wähler, die diesen beiden Parteien nicht ausreichend vertrauten, um ihr Kreuz bei der entsprechenden Liste zu machen?

„Die Stimmung im Wahlkampf war sehr polarisiert“, berichtet Mirko Düsterdieck, der als DKP-Mitglied auf der Liste der Kasseler Linkspartei kandidierte. Vermutlich zieht er in die neue Stadtverordnetenversammlung ein. Er erzählt von Nazis, die drohten, den Infostand anzugreifen. Er erzählt von den vielen Gesprächen, in denen es den Mitgliedern von Linkspartei und DKP im Wahlkampf gelungen ist, die rassistische Demagogie zu entlarven, die Propaganda, nach der die Flüchtlinge für die sozialen Probleme im Land verantwortlich seien. „Die Mieten steigen, die Infrastruktur ist marode“, so Düsterdieck. „Wir haben die Widersprüche aufgedeckt. Dann haben wir gefragt: Was hat das mit den Flüchtlingen zu tun?“ In den armen Vierteln, wenn sie am Ort sichtbar waren und geduldig diskutierten, gewann die Kasseler Linkspartei Stimmen. In der Kasseler Nordstadt waren es 29,5, in ganz Kassel 10,3 Prozent. Zu den Ergebnissen der hessischen Kommunalwahl gehört auch, dass linke Listen dazugewannen.

Die DKP beteiligte sich in unterschiedlichen Formen an der Wahl: KommunistInnen kandidierten auf Listen der Linkspartei, wie in Kassel. In einigen Gemeinden war die DKP zu schwach, um aktiv in den Wahlkampf einzugreifen. In einigen Orten kandidierte die DKP, auf ihren Listen band sie auch Bündnispartner und Freunde der Partei ein. In einigen Städten gab es linke Bündnislisten. Zwei hessische Orte gehören zu den Hochburgen der DKP: In Mörfelden-Walldorf erhielt die DKP 13,8 Prozent der Stimmen, 5,1 Prozent mehr als vor fünf Jahren. In Ueberau, einem Ortsteil von Reinheim im Odenwald, wurde die DKP mit 39 Prozent stärkste Partei im Ortsbeirat, in der Gemeinde erhielt sie 11,1 Prozent.

Welche DKP-Mitglieder in die Stadtverordnetenversammlungen gewählt wurden, stand bei Redaktionsschluss wegen des komplizierten Wahlverfahrens („Kumulieren und Panaschieren“) noch nicht fest.

Die rassistischen Demagogen, das zeigen die Zahlen und die Erfahrungen des Wahlkampfes, konnten die Stimmen derjenigen gewinnen, die diffus unzufrieden sind und sich von der AfD eine Lösung präsentieren lassen. „Die linken Kräfte haben keine Protestwähler für sich dazugewinnen können“, so Koppeys Eindruck. Ihr Erfolg habe einen anderen Grund: „Die kontinuierliche Arbeit vor Ort für die Rechte der Menschen hat sich ausgezahlt – für Sozialwohnungen, gegen hohe KiTa-Gebühren, gegen die Rotstiftpolitik. Einen anderen Weg, um rechte Rattenfänger zu isolieren, gibt es nicht.“

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"Widersprüche aufdecken", UZ vom 11. März 2016



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