Aus dem linken Blätterwald: Neues Deutschland (ND)

Zeitung der „Mainstream-Linken“

Von Markus Bernhardt

Das Neue Deutschland war einst die stolze Tageszeitung der Sozialistischen Einheitspartei (SED) der DDR. Mit dem Ende des sozialistischen Teils Deutschlands änderte sich jedoch auch zunehmend die politische Ausrichtung des ND, das sich selbst noch immer als sozialistische Tageszeitung versteht. Viele der früheren Redakteurinnen und Redakteure sind mittlerweile aus Altersgründen aus der Redaktion ausgeschieden, was mit der Aufgabe und Verwässerung politischer Positionen einherging und sich auch an der Zahl der Abos zeigt. Zwar war das ND auch zu DDR-Zeiten keineswegs die auflagenstärkste Zeitung, wie fälschlicherweise oft behauptet wird. Sie hatte aber nach der „jungen Welt“ mit 1,5 Millionen immerhin eine Auflage von 1,1 Millionen Exemplaren. Aktuell liegt die Auflage des ND bei rund 25000 Exemplaren, womit die Zeitung seit 1998 mehr als 60 Prozent ihrer Leserschaft eingebüßt hat. Mittlerweile ist das traditionsreiche Blatt zunehmend in seiner Existenz gefährdet.

Dass der Bedeutungsverlust des ND etwas mit der politischen Ausrichtung des Blattes zu tun haben könnte, darauf ist man in den Reaktionsstuben jedoch offensichtlich noch nicht gekommen. So hat sich das ND zunehmend zum Verlautbarungsorgan des sogenannten Reformerflügels der Linkspartei entwickelt und führt in Regelmäßigkeit politische Kampagnen gegen Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine an. Diese wurden vor allem in den letzten Monaten mal als nationale Sozialisten oder als Gegner des Rechts auf Asyl verunglimpft. Auch wurden sie bezichtigt einen „antirassistischen Gründungskonsens“ ihrer Partei aufgegeben zu haben. Selbst vor Stimmungsmache gegen die alljährliche Liebknecht-Luxemburg-Demonstration macht das ND mittlerweile keinen Halt mehr. So konnte der heutige Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei) die LL-Demonstration 2016 gegenüber der „sozialistischen Tageszeitung“ als einen obskuren Sektenfasching bezeichnen. Auch Oliver Höfinghoff, damals noch Mitglied der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, hetzte im Blatt gegen die Demonstration, die er als „Gruselkabinett“ verunglimpfte.

Einst gewichtige Themen wie die von Krieg und Frieden und dem Kampf gegen Kapitalismus und Ausbeutung sind mehrheitlich einem individualistischen pseudo-linken Allerlei gewichen. Nicht wenige der derzeitigen ND-Redakteurinnen gefallen sich in ihrer narzisstisch zur Schau getragenen Selbstgefälligkeit und widmen sich etwa weltbewegenden Themen wie der Rasur ihrer Beine. „Wenn sich frau die Beine epiliert, wachsen ihr Unterhauthaare! Ist es das, was ihr wollt?“, war etwa ein jüngst veröffentlichter Text überschrieben. Dass sich betagtere und politisch interessierte ND-Leser mit derlei Unsinn anfreunden, der es immer öfter ins Blatt schafft, darf bezweifelt werden. Man kann nur mutmaßen, ob die politische Ausrichtung des Blattes und vieler Redaktionsmitglieder auch der Grund waren, warum Tom Strohschneider seinen Posten als Chefredakteur mit Ende des letzten Jahres aus freien Stücken aufgab. Dem als kluger Kopf geltenden Journalisten könnte zunehmend bewusst geworden sein, sich gegen die randständigen Hirngespinste nicht weniger Redaktionsmitglieder nicht mehr durchsetzen zu können.

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"Zeitung der „Mainstream-Linken“", UZ vom 16. Februar 2018



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