Antisemitismusklausel zurückgenommen

„Kunst ist frei! Aber nicht regellos“, ließ der Berliner Kultursenator Joe Chialo stolz mitteilen, als er der Berliner Kulturszene per „Antisemitismusklausel“ einen Maulkorb verpasste. Endlich sollte Schluss sein mit der Förderung von Kunst und Kultur, die statt eines Kniefalls vor der Staatsräson internationale Solidarität übt. Dass sich so ein Antisemitismusvorwurf wie eine Carte blanche einsetzen lässt, wollte auch vom Berliner Senat genutzt werden.

Zerknirscht musste CDU-Mann Chialo jetzt allerdings zugeben, dass auch die Politik nicht völlig regellos ist, obwohl sie gerade in den letzten Monaten oft den Anschein machte. Nach – auch internationalen – Protesten gegen die Klausel und den irritierten bis entnervten Wortmeldungen bei weitem nicht nur linker Juristen musste Chialo seine Reglementierung der Kunstfreiheit zurücknehmen. „In meinem Handeln bin ich immer der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet. (…) Wenn es also berechtigte Zweifel gibt, dass die Klausel in dieser Form rechtssicher ist, dann ordne ich meinen politischen Willen der Rechtsstaatlichkeit unter.“ Nach neuen Möglichkeiten zur Unterdrückung von Solidarität mit Palästina wird sicherlich nicht nur in Berlin schon fieberhaft gesucht – damit auch Chialo endlich seinen Willen durchdrücken kann.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Antisemitismusklausel zurückgenommen", UZ vom 26. Januar 2024



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