Ein Dutzend Staaten beschließen in Bogotá Maßnahmen gegen Völkermord in Gaza

„Armee des Lichts“

Kolumbien hat sich unter dem progressiven Präsidenten Gustavo Petro in den vergangenen Jahren und vor allem in den letzten Monaten vom treuesten Vasallen der USA zu einer der am meisten hörbaren Stimmen gegen Imperialismus und Krieg gewandelt. Insbesondere gegen den Genozid am palästinensischen Volk im Gaza­streifen hat sich Petro wie wenige andere Staatschefs positioniert. Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel im vergangenen Jahr folgte nun als neuer Höhepunkt: Die Ausrichtung einer „Notfallkonferenz“ über Palästina am 15. und 16. Juli in Bogotá, an der rund ein Dutzend Staaten aus Lateinamerika, Afrika und der arabischen Welt teilnahmen. Sie alle gehören der sogenannten „Haager Gruppe“ an, die am 31. Januar 2025 in Den Haag gegründet wurde, um gemeinsam diplo­matische und juristische Maßnahmen gegen die Völkerrechtsverletzungen Israels zu ergreifen. Aus den ursprünglich acht Mitgliedern – Bolivien, Kolumbien, Kuba, Honduras, Malaysia, Namibia, Senegal, und Südafrika – sind inzwischen 14 geworden und man rechnet offenbar mit der Unterstützung weiterer Länder.

Verabschiedet wurde eine Erklärung, in der unmissverständlich von Völkermord in den besetzten palästinensischen Gebieten gesprochen wird und die Lieferung oder Weitergabe von Waffen, Munition und militärischer Ausrüstung an Israel, einschließlich Dual-Use-Gütern, die Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit begünstigen könnten, verboten wird. Schiffen mit Ziel Israel, die militärische Ausrüstung transportieren, soll die Durchfahrt verweigert werden, und die Unterzeichnerstaaten wollen den Waffentransport auf Schiffen, die unter der Flagge ihres Landes fahren, verhindern. Zudem sollen alle öffentlichen Abkommen und Institutionen überprüft werden, um jede Unterstützung der Besatzung Palästinas durch diese zu verhindern.

Für besondere Aufmerksamkeit sorgte bei der Konferenz die einstündige Rede des Gastgebers, Gustavo Petro, der darauf hinwies, dass der Kapitalismus „nichts weiter als eine Welt aus Papier“ sei, der aber in der Lage sei, „uns in die Barbarei seines eigenen Zusammenbruchs zu führen“. Es sei möglich, dass die Welt wieder produktiver werden könne, aber es werde wieder Sklaven geben, „und diese Sklaven werden revoltieren“. Gaza sei deshalb ein Experiment der Megareichen, um allen Völkern der Welt vorzuführen, wie sie auf eine Revolte der Menschheit reagieren würden: „Sie planen, uns alle zu bombardieren, zumindest die im Süden, und diese Aussicht auf Barbarei tötet die Idee einer globalen Demokratie, tötet jede internationale Institutionalität“. Che Guevara zitierend forderte er, Ungerechtigkeit müsse in jedem Teil der Welt bekämpft werden.

Gustavo Petro wies darauf hin, dass Kolumbien seit 2018 als „globaler Partner“ der NATO angeschlossen ist – als einziges Land Südamerikas. „Was machen wir in der NATO, wenn die wichtigsten Köpfe der NATO in Völkermord verwickelt sind?“, fragte er und fuhr fort: „Wir müssen aus der NATO aussteigen, es gibt keinen anderen Weg.“ Exporte nach Israel sollen gestoppt werden, damit kolumbianische Kohle in Israel nicht zur Herstellung von Bomben genutzt werden kann, um Kinder zu töten. „Selbst wenn sie Zölle auf uns erheben, werden andere Menschen uns helfen und unsere Produkte kaufen. Kolumbien kauft Olivenöl aus Palästina, nicht aus Israel. Nicht weil ich Israel hasse, sondern weil ich für die Zwei-Staaten-Lösung bin. Wir müssen aus der NATO aussteigen. Wir müssen eine Armee des Lichts mit allen Völkern der Welt gründen, die das wollen. Und wir müssen Europa sagen, dass, wenn es mit Lateinamerika oder Afrika zusammen sein will, es aufhören muss, den Nazis zu helfen.“

In Deutschland zumindest stellt man sich bislang taub – die Konferenz in Bogotá war weder der „Tagesschau“ noch einem anderen „Leitmedium“ auch nur eine Meldung wert.

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"„Armee des Lichts“", UZ vom 25. Juli 2025



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