Staat kürzt Sonntagszuschläge

Australische Lohnkrise

Von The Guardian, Australien/UZ

Mit dem 1. Juli büßen Hotelangestellte in Australien, verglichen mit der gleichen Arbeit am Wochenende zuvor, mehr als 10 Euro (16 Australische Dollar) pro Sonntagsschicht ein. Dies ist der nächste Schritt von Lohnkürzungen für Gastronomie-Arbeiter, die insgesamt 40 Australische Dollar pro Woche oder mehr als 2 000 Australische Dollar pro Jahr verlieren.

Dies geht auf eine Entscheidung der „Fair Work Commission“ (Kommission für faire Arbeit, FWO) zurück, eine Regierungsbehörde, die dem Arbeitsministerium untersteht.

Mit der Kürzung der Sonntagszulagen wird die jüngste geringfügige Erhöhung des australischen Mindestlohns um 64 Cent pro Stunde weitgehend zunichte gemacht. Dabei steckt Australien in einer Lohnkrise, die durch ein historisch niedriges Lohnwachstum gekennzeichnet ist. Jo-anne Schofield, Sekretärin bei der Gewerkschaft der Gastrononmiearbeiter United Voice, sagte: „Wenn unsere Arbeitsgesetze von den Arbeitgebern dazu benutzt werden, die Löhne niedrig bezahlter Arbeitnehmer zu kürzen, und wenn unsere Regierung es ablehnt, ein Wort zur Unterstützung der Arbeitnehmer auszusprechen, ist das System kaputt. Das System ist kaputt, wenn hart arbeitende Gastronomie-Arbeiter weniger Geld bekommen als in der gleichen Schicht am Wochenende zuvor.“

Premierminister Malcolm Turnbull könne diese Ungerechtigkeit stoppen, so Schofield. Die Untätigkeit der Regierung zeige aber, dass der Schutz des Lebensstandards der arbeitenden Australier für die Regierung keine Priorität habe.

Am Tag nach der drastischen Senkung um 10 Prozentpunkte versuchten die Arbeitgeber in der „Fair Work Commission“ erneut, die Zulagen von Arbeitern anzugreifen.

Die Gewerkschaft United Voice fordert ein System, das auf durch Tarifparteien ausgehandelten Branchentarifverträgen basiert. Derzeit sind nur 6 Prozent der Beschäftigten im Gastgewerbe in Tarifverhandlungen eingebunden. United Voice fordert, dass Arbeiter in die Lage versetzt werden müssen, über ihre Bezahlung und Bedingungen mitzuentscheiden. Nur so könnten Beschäftigte in Branchen wie der Gastronomie gemeinsam ihre Interessen gegenüber den Arbeitgebern verhandeln, um eine faire Vereinbarung zu erzielen.

Die Gewerkschaft United Voice, die dem Gewerkschaftsdachverband ACTU beigetreten ist, begrüßte die jüngste Anhebung des Mindestlohns. Aber selbst die Fair Work Commission, die als zuständige Regierungseinrichtung den Mindestlohn festlegt, räumte ein, dass durch die Erhöhung nicht alle Beschäftigten aus der Armut befreit würden.

Die Antwort auf die derzeitigen Probleme ist die Einführung eines Systems der Branchen-Tarifverträge, dass den Arbeitern erlaubt, effektiv zu verhandeln und ihre Stimme in einem System zu erheben, das jahrelang gegen sie gestanden hat. Nur so können sie mehr erreichen als das Minimum, das ihnen Arbeitgeber und Regierung zugestehen.

Das System des Mindestlohns, das ein „Sicherheitsnetz“ sein sollte, ist heute für fast ein Viertel (23,9 Prozent) der australischen Arbeitskräfte die Quelle von Löhnen und Arbeitsbedingungen. Das ist ein alarmierender Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zu 2010. Ein klarer Beweis für die Notwendigkeit eines stärkeren Systems der Tarifverhandlungen.

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"Australische Lohnkrise", UZ vom 20. Juli 2018



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