SPD-Kanzler sprach wieder ein Machtwort

Basta! 2.0 – diesmal für Atomkraftwerke

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die zuständigen Minister angewiesen, Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, damit die drei Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland über das Jahresende hinaus bis maximal zum 15. April 2023 weiterlaufen können. Mit dieser Richtlinie hat der SPD-Kanzler seine beiden Koalitionsparteien zu einer Einigkeit gezwungen, die ein gemeinsames Weiterregieren ermöglicht. Das Gesicht der Grünen im Regierungsblock wird gleichfalls gewahrt, so man die Abkehr von ihren Grundsätzen darunter versteht.

Entsprechend staatsmännisch fiel der Kommentar von Vizekanzler Robert Habeck auf diese Anweisung aus. Scholz habe die „maximale Autorität“ eingesetzt, um eine unübliche „Lösung einer verfahrenen Situation“ zu finden. Der Kanzler habe aber einen Weg gezeigt, „mit dem ich gut arbeiten und leben kann“, sagte er in der ARD. Zwar wertete die Führung der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag die Anordnung als „bedauerlich“, trägt die Entscheidung zur längeren Nutzung der drei Atomkraftwerke aber mit. Der Beschluss ihres Parteitags, das AKW Emsland zum 1. Januar 2023 endgültig abzuschalten, hielt nur wenige Stunden.

Beifall gab es erwartungsgemäß von FDP-Chef Christian Lindner über die Entscheidung des Kanzlers: „Es ist im vitalen Interesse unseres Landes und seiner Wirtschaft, dass wir in diesem Winter alle Kapazitäten der Energieerzeugung erhalten. Der Bundeskanzler hat nun Klarheit geschaffen.“ Lindner setzt aber weiterhin auf den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke über den angekündigten Endtermin hinaus und verkündete: „Auch für den Winter 2023/2024 werden wir gemeinsam tragfähige Lösungen erarbeiten. Darauf können sich die Menschen verlassen.“

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht im Weiterbetrieb aller drei Kernkraftwerke eine sehr gute Nachricht für die Menschen und die Unternehmen in unserem Land. Es sei eine Entscheidung „für Energiesicherheit, für handfeste Preisdämpfungen und für den Klimaschutz“. Die Entscheidung sei auch durch die Beharrlichkeit der Freien Demokraten möglich gemacht worden.

Diese Positionierung macht deutlich, dass über den Ausstieg aus der Atomenergie noch lange nicht das letzte (Macht-)Wort gesprochen worden ist. Einem Weiterbetrieb über den April 2023 hinaus steht letztlich nichts im Wege.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Basta! 2.0 – diesmal für Atomkraftwerke", UZ vom 21. Oktober 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Flagge.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit