Causa Andrej Holm

Ein Kommentar von Wolf Wetzel auf „nachdenkseiten.de“

Selbstverständlich hätte das rot-rot-grüne Regierungsbündnis diese Anwürfe locker überstanden, vor allem dann, wenn Andrej Holm die Chance gehabt hätte, das Regierungsprogramm – in seinem Ressort – umzusetzen. Das wäre nicht normal, sondern ein eher ungewöhnlicher Vorgang gewesen, Wahlversprechen tatsächlich auch umzusetzen. (…)

Was der SPD-Bürgermeister in die Person Andrej Holm hineinprojiziert und verschiebt, wäre – im besten Fall – das Ergebnis des gemeinsam aufgestellten Regierungsprogrammes gewesen: (Leichte) Konfrontation mit den mächtigen wirtschaftlichen Interessensgruppen, also dem Immobilienverwertungskonsortium aus (Bau-)Politik, Investoren und Banken, die seit Jahrzehnten ihre Agenda in Regierungspolitiken hineinschreiben und dort für Gemeinwohl ausgeben.

Was steht im Regierungsprogramm, für dessen Umsetzung Andrej Holm mit die Verantwortung übernommen hätte? Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass „die Berliner Wohnungsbaugesellschaften 6000 Wohnungen pro Jahr neu bauen sollen – bis 2021 soll Berlin 55 000 Wohnungen mehr besitzen, und die sollen bezahlbar sein. Eine „mieterfreundliche“ Mietpreisbremse soll her, das Ende der Privatisierung öffentlicher Immobilien ist beschlossen, ein Wohnraumförderfonds kommt, eine „einkommensorientierte Richtsatzmiete“ soll die in Berlin aus dem Ruder gelaufenen Sozialmieten wieder bezahlbar machen, kurz: Ein Traum für Gentrifizierungskritiker.“ (Christoph Twickel, spiegel.de vom 12.1.2017)

Das ist zwar kein Traum(angebot), schon gar nicht für alle „Gentrifizierungskritiker“, aber eben ein klitzekleines Stück vom Kuchen. Das hätte das Immobilienverwertungskonsortium alles andere als arm gemacht. Dass Andrej Holms Engagement als Stadtsoziologe und Aktivist dafür spricht, dass er diese Vorgaben umgesetzt hätte, dass ihm all jene das zugetraut haben, die der herrschenden gated community-Politik nichts abgewinnen können, wurde ihm zum Verhängnis.

Es geht nicht im Geringsten um Andrej Holms Vergangenheit, sondern darum, an der Gegenwart dieser Stadtpolitik festzuhalten.

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"Causa Andrej Holm", UZ vom 20. Januar 2017



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