Hinter den Kulissen einer Fußball-AG

Das übliche Gebaren

Von Frank Schumacher

Große Aufregung in den deutschen Fußballvereinen, die in internationalen Wettbewerben mitkicken dürfen. Alle sechs Spiele der letzten Woche mit deutscher Beteiligung wurden verloren, fast alle deutlich. Der Vorzeigeverein Bayern München handelte konsequent und entließ seinen Trainer. Wüste Spekulationen über Gründe, tiefenpsychologische Deutungen und jede Menge Kaffeesatzleserei gab es schon vorher, danach noch viel mehr.

Dabei ist es viel schlichter: Der Unterhaltungsbetrieb Bayern München AG, unter dem Vorsitz von Karl-Heinz Rummenigge, der den ausgegliederten Teil des Profifußballs aus dem Gesamtverein darstellt, hat seine Finanz- und Controllingabteilung rechnen lassen. Wir konnten den Herren über die Schulter schauen.

Die Kalkulation vor dem Beginn der Champions League:

Sechs Gruppenspiele, davon gewinnen wir drei, macht 4,5 Millionen Euro aus dem Pool, ein Unentschieden bringt noch mal 0,5 Millionen. Wir kommen über das Achtelfinale (6 Millionen), das Viertelfinale (6,5 Millionen) in das Halbfinale (noch mal 7,5 Millionen), macht in der Summe gut und gerne 25 Millionen. Dazu kommen natürlich die schönen Ticketverkäufe für alle Spiele. Das Finale lassen wir aus der Kalkulation raus, läuft dann im Zweifelsfall unter „unvorhergesehene Einnahmen“. Der Marktwert unserer Spieler ist zwar schon in der letzten Saison rückläufig gewesen, nur noch 540 Millionen. das waren etwa 25 Millionen weniger. Wenn wir aber bis ins Halbfinale kommen, steigt der Marktwert wieder an.

Wenn wir aber jetzt noch nicht einmal die Gruppenphase überstehen, fehlen deutlich über 20 Millionen Umsatz, der Marktwert unseres Kaders geht noch weiter in den Keller und unsere Bilanz bekommt ein ganz hässliches Aussehen. Unsere lieben Anteilseigner Adidas, Allianz und Audi werden bestimmt sauer, schließlich haben sie zusammen Aktien im Höhe von rund 270 Millionen gekauft und wenn der Bilanzgewinn, der im letzten Jahr noch bei 33 Millionen lag, dann runter rauscht, gibt es Ärger. Also tun wir das Übliche, wie es alle kennen, die das Geschäftsgebaren von Unternehmen kennen: Wir entlassen Mitarbeiter, zeigen Führungsstärke, beruhigen „die Märkte“. Und hoffen, dass der nächste Trainer all die verwöhnten Millionäre auf dem Platz und der Ersatzbank wieder zusammenbringt. Für die Controllingabteilung nicht zuletzt.

Sonst müssten wir eine Gewinnwarnung herausgeben, aber wann?

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"Das übliche Gebaren", UZ vom 6. Oktober 2017



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