In Italien versucht es die kommunistische Linke mit einem Wahlbündnis

Dem Volk die Macht!

Von Günter Pohl

Am kommenden Sonntag finden in Italien Parlamentswahlen statt. Italien hatte über lange Jahre keine Wahlen und wurde von den eingesetzten Ministerpräsidenten Gentiloni, Renzi, Letta und Monti regiert.

Für den Sonntag sagen Umfragen einen Sieg der angeblich unideologischen, also zutiefst systemstützenden „5-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo mit unter 30 Prozent voraus; dahinter stünden die regierenden Sozialdemokraten der Demokratischen Partei (PD) mit etwa einem Viertel der Stimmen. Starke Ergebnisse für die Lega Nord (14 Prozent) und auch die rechtsextremen „Fratelli d’Italia“ (Brüder Italiens), die mit 5 Prozent einziehen würden, komplettieren ein Bild, wonach der rechte Block um Ex-Ministerpräsident Berlusconi mehr als ein Drittel aller Stimmen bekommen wird. Und die linken Kräfte?

Wichtige Teile der radikaleren italienischen Linken haben sich zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen – „Potere al Popolo“. „Dem Volk die Macht“ setzt sich vorwiegend aus Gruppen des kommunistischen Spektrums zusammen. Neben dem „Kommunistischen Netzwerk“, der „Antikapitalistischen Linken“ oder der Liga der Sozialisten sowie der Gewerkschaftsverbünde COBAS und USB sind das die beiden aus der historischen Italienischen Kommunistischen Partei (Partito Comunista Italiano – PCI) entstandenen „Rifondazione Comunista“ (RC) und die nach zwei Umbenennungen nun zum alten Namen zurückgekehrte Italienische KP.

Rifondazione Comunista trägt inzwischen ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Linkspartei (ELP) im Namen, denn genau genommen heißt sie jetzt „Partei der Kommunistischen Wiedergründung – Europäische Linke“. Die PCI dagegen ist zumindest namentlich auf historischen Pfaden, nachdem sie zuvor „Partei der Italienischen Kommunisten“ (PdCI) und dann PCdI (Kommunistische Partei Italiens) geheißen hatte. Annäherungsversuche zwischen den beiden Parteien zu einer Vereinigung sind immer wieder gescheitert. Wer glaubt, dass das Wahlbündnis in dieser Hinsicht hilfreich sein kann, sollte berücksichtigen, dass die Vermengung von Wahlpolitik und Strategieentwicklung selten erfolgreich war.

Am Sonntag gilt eine neu eingeführte 3-Prozent-Hürde; bei nahezu völliger Ignorierung durch die Medien lag „Potere al Popolo“ bei daher nur begrenzt aussagefähigen Umfragen bei 2 Prozent. 93 000 Unterschriften waren innerhalb weniger Tage gesammelt worden, um überall auf den Stimmzetteln zu stehen.

RC und PCI weisen in etwa zeitgleich erschienenen Kommuniqués auf die Notwendigkeit einer Ablösung der Politik der Regierung der PD unter Paolo Gentiloni hin. Rifondazione setzt auf die Zusammenführung der „antineoliberalen Linken in einem politischen Pol bei Respektierung der unterschiedlichen politischen Kulturen der Bündnispartner“. RC grenzt sich ab von der Mitte-Links-Politik mit verschiedenen Regierungserfahrungen in den letzten 25 Jahren und verteidigt dabei die aus dem Widerstand gegen den Faschismus geborene Verfassung. Es gehe um „eine Gesellschaft, die auf Würde, Freiheit und Rechten von Arbeiterinnen und Arbeitern, auf der Eliminierung jeglicher Diskriminierung, auf Rechten der Frauen und substantieller Gleichheit, auf der Rückgewinnung der sozialen und Bürgerrechte, auf dem Schutz von Umwelt, Kultur und Kunst und der Abwehr von Krieg basiert“.

Die Italienische KP sieht ebenfalls keine Möglichkeit der Erneuerung von Konstellationen wie die der Regierungsjahre des „Olivenbaums“ (1996 bis 2001 und 2006 bis 2008), die sich heute in der linken Liste der „Freien und Gleichen“ (Liberi e Uguali) wiederfänden und NATO und EU zu Diensten seien und deren Diskrepanz zur Demokratischen Partei im Grunde allein in der Person Matteo Renzi bestehe. Offensichtlich sei, dass mit dem neuen Wahlgesetz eine Regierung der nationalen Einheit durch PD und die Mitte-Rechts-Parteien unter Berlusconi angestrebt werde.

Die PCI sieht im Wahlbündnis eine Chance auf die Akkumulierung von Kräften aus Friedens-, Ökologie- und Frauenbewegung, die alle antikapitalistischen und antiimperialistischen Charakter, aber kein Moment der politischen Einheit gehabt hätten. Nun gebe es eine Gelegenheit einer höheren Synthese der verschiedenen Bewegungen, die zur Vereinigung der Kämpfe, aber auch zur Verbreitung ihrer Positionen im ganzen Land führen könnten.

„Potere al Popolo“ lehnt eine EU-Armee ab und spricht sich für einen Austritt aus NATO, EU und Eurozone aus. Das ist mindestens für das ELP-Vollmitglied Rifondazione Comunista ein bemerkenswerter Schritt, so wie er sich in den letzten Jahren schon bei ELP-Mitgliedern wie der KP Spaniens oder der französischen „Partei der Linken“ entwickelt hat, aber in der ELP von der Französischen KP, von „Die Linke“ und natürlich noch weniger von der griechischen Regierungspartei Syriza nachvollzogen wird. Auch sollen die Gegenreformen u. a. beim Arbeitsrecht, dem Renteneintritt und der Arbeitslosenhilfe rückgängig gemacht und eine staatliche Intervention in der Wirtschaft vorgenommen werden, womit die Arbeiter und die Volksschichten geschützt werden könnten, so die PCI in ihrem Kommuniqué. Nicht zuletzt gehe es auch um eine Reduzierung der Arbeitszeit bei entsprechendem Lohnausgleich, wozu der Fiskalpakt verlassen werden müsse.

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"Dem Volk die Macht!", UZ vom 2. März 2018



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