Polen: Gericht verurteilt Kommunisten

Demokratische Werte

Von om

Ein polnisches Gericht hat vier Mitglieder der Kommunistischen Partei Polens (KPP) verurteilt, weil sie „Propaganda für den Kommunismus“ betrieben haben.

Die vier Kommunisten hatten in der Redaktion der Parteizeitung „Brzask“ (Morgengrauen) mitgearbeitet und auf der Website der Partei Artikel veröffentlicht. Sie wurden zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten, Arbeitsstunden und einer Geldstrafe verurteilt. Die KPP stellte klar, dass die Kommunisten in Polen sich von der antikommunistischen Verfolgung nicht einschüchtern lassen würden. „Die Maßnahmen gegen die Kommunisten gehen Hand in Hand mit der Zuspitzung der barbarischen, gegen das Volk gerichteten Politik der Regierung und der EU“, so die KPP. Das Gericht urteilte die Vier in einem Schnellverfahren ab, in dem die Angeklagten keine Möglichkeit hatten, sich zu verteidigen.

Die Grundlage des Urteils ist der Paragraph 256 des Strafgesetzes, der unter Strafe stellt, „öffentlich für ein faschistisches oder anderes totalitäres System“ zu werben. 2011 – noch vor dem Machtkampf zwischen der jetzigen Regierung der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) und dem Verfassungsgericht – hatte das Verfassungsgericht diesen Artikel aufgehoben, weil er dem Recht auf freie Meinungsäußerung widerspreche. 2013 hatte ein PiS-Abgeordneter Anzeige gegen die vier Kommunisten erstattet, der Staatsanwalt leitete jedoch kein Verfahren ein. Nachdem im vergangenen Jahr die PiS mit der Ministerpräsidentin Beata Szydlo an die Regierung gekommen war, erhob die Staatsanwaltschaft von Katowice Anklage. Die vier Aktivisten hätten öffentlich für ein totalitäres System geworben, dies widerspreche demokratischen Werten.

Denselben Paragraphen wendet die polnische Justiz nicht an, wenn Faschisten demonstrieren oder Rassisten ihre Propaganda verbreiten. Statt dessen denkt das Verteidigungsministerium darüber nach, rechte Milizen zu bewaffnen und in die „Landesverteidigung“ einzubinden.

Am 1. April beschloss das Parlament ein Gesetz zum „Verbot der Propaganda für den Kommunismus“, das den lokalen Behörden vorschreibt, Straßennamen und Denkmäler mit einer Verbindung zu kommunistischen Traditionen zu beseitigen.

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"Demokratische Werte", UZ vom 6. Mai 2016



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