CIA finanzierte Terrororganisation „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“

Der verdeckte Krieg gegen die DDR

Von Werner Sarbok

Mord und Totschlag, Terrorakte, Wirtschaftssabotage, Abwerbung, Menschenhandel, Raub von Patenten, Kunst und Eigentum volkseigener Betriebe gehörten zu den Praktiken, mit denen seit Gründung der DDR im Jahr 1949 interessierte Kreise der BRD die Entwicklung eines sozialistischen Deutschlands sabotierten. Vor allem Westberlin, mitten im Territorium der DDR gelegen, wurde in den 50er Jahren zum größten Störzentrum gegen die Republik. Bereits 1950 gab es dort über 40 Diversions- und Agentenzentralen – organisiert, gestützt, bezahlt von westlichen Geheimdiensten, vor allem der USA.

Eine dieser Organisationen war die die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU). Die bis 1961 offene Grenze erleichterte ihr schmutziges Geschäft. Mit Sabotageakten und Spionage führte die KgU von 1949 bis 1959 einen verdeckten Krieg gegen den ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden.

Die Kommandantur der Westalliierten erteilte am 23. April 1949 der KgU eine Lizenz als politische Organisation. Massive finanzielle Unterstützung erhielt sie von westlichen Geheimdiensten. Der CIA übernahm die Kontrolle über die Terrororganisation.

Ein von Westberliner Agenten 1962 durch das Gewölbe des S-Bahnhofs Wollankstraße vorgetriebener Stollen wurde durch eine Absenkung des Bahnsteigs entdeckt.

Ein von Westberliner Agenten 1962 durch das Gewölbe des S-Bahnhofs Wollankstraße vorgetriebener Stollen wurde durch eine Absenkung des Bahnsteigs entdeckt.

( Bundesarchiv, Bild 183-90187-0002 / Hesse, Rudolf/ CC-BY-SA-3.0)

Die KgU rekrutierte sich aus strammen Antikommunisten aus dem bürgerlichen Lager, darunter der damalige Vorsitzende der Jungen Union, Ernst Benda, und der damalige FDP-Stadtverordnete Herbert Geisler. Auch alte Nazis waren herzlich willkommen, wie Heinrich von zur Mühlen, seit 1932 Mitglied der NS DAP und SA, ein Jahr später wurde er Mitglied der SS. Im März 1944 wurde er ins Oberkommando der Wehrmacht beordert. Nach der Befreiung vom Faschismus ging seine Karriere in der BRD 1969 übrigens im Bundesministerium für Vertriebene weiter.

Nachdem die KgU in ihrer Gründungsphase als Suchdienst vermisster Personen in der Sowjetischen Besatzungszone firmierte, ging sie zu Beginn der 1950er Jahre zu Sabotageanschlägen auf zivile Einrichtungen über. Der „Spiegel“ schrieb am 1. Mai 1971: „Seit 1950 aber verdrängte der Philosophie-Dozent Ernst Tillich, Prototyp des antikommunistischen Eiferers, den KgU-Chef Hildebrandt und besetzte mit einer Riege ehemaliger Kriminalbeamter alle wichtigen Posten der Kampfgruppe. Er wollte sich nicht mit politischer Propaganda begrügen, er befahl Sabotageakte. In der Zone begann es zu krachen: KgU-Gruppen vernichteten Transparente der SED mit Phosphor, die Finow-Kanal-Brücke bei Zerpenschluse wurde beschädigt, Eisenbahnschienen wurden gesprengt.“ Ziel der Saboteure war, die ohnehin großen Probleme beim Aufbau des Sozialismus zu vergrößern. Im Mai 1952 sollte die Eisenbahnbrücke bei Erkner gesprengt werden. Ebenfalls sollte das Stromnetz der DDR durch Sprengung von Strommasten unterbrochen werden.

1955, Prozess gegen fünf Agenten der berüch­tigten Westberliner Diversanten- und Spionagezentrale „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“. Der Verteidiger (links) im Gespräch mit dem Angeklagten Gerhard Benkowitz.

1955, Prozess gegen fünf Agenten der berüch­tigten Westberliner Diversanten- und Spionagezentrale „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“. Der Verteidiger (links) im Gespräch mit dem Angeklagten Gerhard Benkowitz.

( Bundesarchiv, Bild 183-31253-0009 / Junge, Peter Heinz / CC-BY-SA 3.0)

Nur einige Beispiele aus der Giftküche dieser Organisation: Auf dem Verschiebebahnhof Wustermark wurde ein Provokateur angeheuert, der von Dezember 1953 bis Januar 1954 für Zusammenstöße von Zügen sorgte, die Medikamente und Schlachtvieh transportierten. In Dresden wurden im Oktober 1952 von einem Agenten Weichen manipuliert, durch das Entgleisen von Waggons entstand beträchtlicher Sachschaden.

Am 4. und 8. September 1951 legte die KgU mitten während der Öffnungszeit Brandsätze in Leipziger Kaufhäusern. Schwarze Listen über Funktionäre in der DDR wurden angelegt, Drohbriefe verfasst und öffentlich zum Mord an Repräsentanten des sozialistischen Staates aufgerufen oder Attentate vorbereitet, so die Ermordung des SED-Kreisvorsitzenden von Calbe.

Die KgU entwickelte darüber hinaus massive Wirtschaftssabotage durch gefälschte Behördenpost, zerstörte mit Terrorakten Maschinen und Produkte volkseigener Betriebe und Lebensmittel.

Noch Anfang der 60er Jahre – die KgU war längst Geschichte – forderte die „Bonner Rundschau“ ganz offen, gegen die DDR „alle Mittel des Krieges, des Nervenkrieges und des Schießkrieges anzuwenden. Dazu gehören nicht nur herkömmliche Streitkräfte und Rüstungen, sondern auch die Unterwühlung, das Anheizen des inneren Widerstandes, die Arbeit im Untergrund, die Zersetzung der Ordnung, die Sabotage, die Störung von Verkehr und Wirtschaft, der Ungehorsam, der Aufruhr“.

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"Der verdeckte Krieg gegen die DDR", UZ vom 1. November 2019



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