Zu den Landtagswahlen In Sachsen-Anhalt

Desillusioniert

PATRIK1 - Desillusioniert - - Politik
Patrik Köbele

Es macht Sinn, sich zwei Zahlen zu vergegenwärtigen, die mit dem Wahlergebnis nur indirekt im Zusammenhang stehen. Von 1990 bis 2019 verlor Sachsen-Anhalt knapp ein Viertel seiner Bevölkerung. Die Zahl der Wahlberechtigten sank seit der letzten Landtagswahl vor fünf Jahren noch einmal um knapp 5 Prozent. Zerstörung der Industrie, von Gesundheits-, Bildungs- und Verkehrswesen, von Kultur, Demütigung der DDR-Bürgerinnen und -Bürger, Abwanderung vor allem junger Menschen wegen fehlender Perspektiven, das sind die „blühenden Landschaften“ von Merkel und Co.

Viele Menschen sind desillusioniert. Die Nichtwähler sind mit knapp 40 Prozent der Wahlberechtigten die weitaus stärkste Partei. Bezogen auf die Wahlberechtigten folgt weit abgeschlagen mit 22,1 Prozent der strahlende Sieger, die CDU, danach die AfD mit 12,4 Prozent. Die Linkspartei bei 6,5 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten, die SPD bei 5 und die Grünen bei 3,5 Prozent. Wir wissen, so wird nicht gezählt. Wir wissen, wenn wir selbst genügend Kraft gehabt hätten, um den Wahlantritt der DKP abzusichern, dann hätten wir auch nicht gut ausgesehen.

Das Wahlverhalten macht aber das Grundproblem deutlich. Der Imperialismus treibt Menschen in die Resignation. Hauptsache sie leisten keinen Widerstand. Für die, die noch wählen gehen, wird ein Reaktionär als „Lichtgestalt“ und neuer Ministerpräsident aufgebaut. Das funktioniert, weil der einer der Wenigen ist, der zwar den neokolonialen Umgang mit dem „Osten“ ohne Wenn und Aber mitmacht, aber aus dem Osten kommt.

Andere treibt der Imperialismus der militanten Reaktion der AfD in die Arme, auch weil die Linkspartei, in die viele lange Hoffnung gesetzt haben, mehr auf linksalternatives (Klein-)Bürgertum denn auf konsequente Interessenvertretung der arbeitenden Menschen, der Arbeitslosen und Ausgegrenzten setzt. Immerhin, den Grünen wurde gezeigt, dass strammer NATO-Kurs und Klimapolitik mit dem Griff in den Geldbeutel der Massen statt in die Kassen der Konzerne nicht überall ankommt, und die SPD sollte beginnen, Kriegstreiberei und Hartz-Politik in Frage zu stellen.

Im Kern ist allerdings zu befürchten, dass der wahlpolitische Rechtsruck den eigentlich Herrschenden, dem Monopolkapital, zeigt, dass sie weitermachen können mit der Aggression nach Innen und Außen. Beim politischen Personal knallen bei der reaktionären CDU die Sektkorken etwas mehr als bei der reaktionären AfD. Die Katerstimmung bei Grünen und SPD wird nichts Positives hervorbringen und bei der Linkspartei werden zunehmende Auseinandersetzungen den grundsätzlichen Kurs auf Anpassung wohl auch nicht stoppen.

Keine schönen Aussichten für die Bundestagswahl. Als DKP setzen wir weiter auf die Stärkung des außerparlamentarischen Widerstands – und auch auf unsere eigene Stärkung. Wir brauchen Widerstand gegen Kriegspolitik, das Abwälzen der Krisenlasten auf die Beschäftigten und den reaktionären Staatsumbau. Das würde an den Wahlergebnissen in Sachsen-Anhalt nichts ändern, aber es wäre Licht am Ende eines Tunnels, der wohl über die Bundestagswahlen hinausreicht.

Dafür steht unsere Kandidatur und wir erfahren viel Zuspruch bei der Sammlung der Unterstützungsunterschriften. Ein hoffnungsvoller Anfang.

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"Desillusioniert", UZ vom 11. Juni 2021



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