Durchbruch oder Show?

Klaus Wagener zum Treffen zwischen Trump und Kim

Wer Donald Trumps „Rocket Man“-Rede vor der UNO gehört hatte, hätte an dieses Treffen kaum geglaubt. Der US-Präsident hatte die Führung der Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) als eine „Bande Krimineller“ bezeichnet, die nicht nur für den „Hungertod von Millionen Nordkoreaner verantworlich“ sei, sondern sich mit „Nuclearwaffen und Raketen“ bewaffneten und damit die „ganze Welt“ mit „unvorstellbaren Verlusten menschlichen Lebens“ bedrohten. Trump hatte den „Kriminellen“ mit „totaler Zerstörung“ gedroht.

Nun, ein halbes Jahr später, hat der US-Präsident frühzeitig das heillos zerstrittene G7-Treffen verärgert verlassen, und war nun, wie auch sein Gegenüber Kim Jong-un bester Stimmung. „Es ist prima gelaufen. Wir hatten wirklich ein fantastisches Treffen. Ein großer Fortschritt. Besser als irgendjemand erwarten konnte. Ausgezeichnet.“ Dass nicht, wie von nicht wenigen aus der US-Kriegspartei gefordert, atomar bombardiert wurde, sondern das erste Treffen eines US-Präsidenten mit dem „Irren von Pjöngjang“ tatsächlich stattfand, ist an sich schon ein großer Erfolg.

Damit sind die inhaltlichen Probleme allerdings nicht gelöst. Zwar haben sich Kim und Trump auf ein „Friedensregime auf der koreanischen Halbinsel“ geeinigt. Kim hat sich zur „kompletten Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel“ verpflichtet. Trump im Gegenzug zu Sicherheitsgarantien für die DVRK. Die Frage ist allerdings, was heißt das, in welchem Zeitraum, unter welchen Voraussetzungen und was sind die Rahmenbedingungen dieser Verpflichtungen. Was ist mit der US-Militärpräsenz in Südkorea (ROK), was ist mit den gigantischen US-ROK-Kriegsübungen, mit den US-Raketenabwehrsystemen, was mit den Sanktionen etc.pp. Singapur kann, ernsthafte Absichten der Akteure vorausgesetzt, nur der Anfang eines Prozesses sein, in den auch Peking einbezogen werden müsste.

Bislang ist allerdings kaum zu erkennen, dass sich die US-Position substantiell geändert hätte. Das wäre allerdings mit den Hardlinern John Bolton und Michael Pompeo schwer vorstellbar. Es ist bislang immer noch von einer „vollständigen, überprüfbaren, irreversiblen Denuklearisierung“ der DVRK die Rede – bevor – sich die USA irgendwie bewegen wollen. Das käme einer vollständigen Selbstentwaffnung in der Hoffnung auf den Guten Willen des Imperiums gleich. Wohin das führt, dazu gibt das, von den US-Falken immer wieder gern zitierte, „libysche Modell“, beredte Auskunft.

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"Durchbruch oder Show?", UZ vom 15. Juni 2018



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