Neuer Präsident Moon muss sich dazu gegen die USA durchsetzen

Entspannung auf koreanischer Halbinsel?

Von Choi Hohyun

Choi Hohyun ist Mitarbeiter der „Kommission für die Freilassung des gefangenen linken Politikers Lee Seok-Ki und aller politischen Gefangenen in Südkorea“ – freilassunglee.de

Moon Jae-in, der Kandidat der liberalen Demokratischen Partei, hat in der vergangenen Woche die Präsidentschaftswahl in Südkorea gewonnen. Er erhielt 41,1 Prozent der Stimmen und lag damit weit vor seinen Konkurrenten. Der rechtskonservative Kandidat Hong Joon-Pyo von der Freiheitspartei Koreas erreichte nur 24 Prozent der Stimmen – das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der konservativen Partei. Für den ehemaligen Softwareunternehmer Ahn Cheol-Soo entschieden sich 21,4 Prozent der Wähler.

In der ersten Rede nach seinem Amtsantritt sagte Moon Jae-In, er werde direkt nach Washington fliegen sowie Peking und Tokio besuchen, auch werde er unter den richtigen Bedingungen nach Pjöngjang reisen. Er wolle für den Frieden auf der koreanischen Halbinsel sein Bestes geben. Die meisten westlichen Medien interpretieren seine Rede als ein Signal zu einem revolutionären Kurswechsel. Aber eine solche Interpretation ist einseitig und illusionär. Entscheidend ist nicht die Frage, was Moon verspricht, sondern ob er fähig ist, seine Versprechen zu halten.

Moon vertritt als Liberaler eine Entspannungspolitik. Im Gegensatz dazu verfolgt Washington eine harte Linie gegen Pjöngjang. Die Regierung Trump hat wiederholt erklärt, dass alle Optionen, auch der Einsatz militärischer Gewalt, auf dem Tisch liegen. Eine Entspannungspolitik von Seiten der südkoreanischen Regierung steht im Widerspruch zur Politik Washingtons und würde unter enormen Druck geraten.

Moon hofft, die Beziehungen zur VR China, Südkoreas größtem Handelspartner, verbessern zu können. Trumps Regierung hat allerdings in Südkorea das Raketenabwehrsystem THAAD installiert, was harten Protest von Peking hervorrief. Eine Reaktion Chinas auf die Stationierung des THAAD waren diverse wirtschaftliche Vergeltungsmaßnahmen.

Eine wichtige Frage ist also, ob Moon seine Politik gegen den Willen der Regierung Trump durchsetzen kann. Wenn man aus den Erfahrungen liberaler Regierungen der Vergangenheit eine Lehre ziehen kann, fällt die Antwort nicht leicht. Der frühere liberale Präsident Roh Moo-Hyun hat zwar immer wiederholt, er könne den USA gegenüber „Nein“ sagen. Er konnte sich jedoch nicht den Forderungen der Regierung Bush widersetzen. So entsandte Roh koreanische Soldaten in den Krieg gegen den Irak und musste trotz harten Protests den USA den Ausbau einer neuen Mega-Militärbasis in der Hafenstadt Pyeongtaek gewähren.

Der neue Präsident Moon Jae-In betonte in seiner Antrittsrede, er wolle das Militärbündnis zwischen Südkorea und den USA stärken. Das Ziel, auf der koreanischen Halbinsel Frieden zu stiften, sei mit dem Streben nach einem stärkeren Militärbündnis mit den USA nicht vereinbar. Darüber hinaus will Moon den Entspannungsdialog mit Pjöngjang wieder aufnehmen und die von der Regierung Park geschlossene Sonderwirtschaftszone in Nordkorea wieder eröffnen. Dies hat weniger mit dem Ziel des ewigen Friedens auf der koreanischen Halbinsel zu tun, denn mit der von der liberalen Regierung angestrebten Erschließung des nordkoreanischen Marktes und einer allmählichen Kapitalisierung des nordkoreanischen Wirtschaftssystems. Südkoreanische Unternehmen – vor allem kleine und mittlere Unternehmen – setzen auf superbillige Arbeitskräfte im Norden, um sich den Folgen der Krise zu entziehen. Ihre Interessen sind es, die Moons liberale Partei vertritt.

Moon kritisiert die Stationierung des THAAD nicht deshalb, weil er sich gegen die imperialistische Ambition der USA wehren will. Er befürchtet lediglich, dass die wirtschaftlichen Beziehungen mit China durch die Stationierung des THAAD gefährdet werden könnten.

Es wäre eine Illusion zu glauben, dass die Regierung Moon auf der koreanischen Halbinsel wirklich Frieden stiften könnte. Es braucht die arbeitende Bevölkerung Koreas und die internationale Friedensbewegung, um die aktuellen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel wirklich und dauerhaft entschärfen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Entspannung auf koreanischer Halbinsel?", UZ vom 19. Mai 2017



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Herz.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit