Das Zentralkomitee der südafrikanischen KP zog eine Bilanz des zu Ende gehenden Jahres

Erschreckende Zahlen

Die Arbeitslosigkeit in Südafrika stieg im dritten Quartal diesen Jahres auf 34,9 Prozent, das sind 7,6 Millionen Arbeitsuchende. Eine der erschreckenden Zahlen, die Blade Nzimande, Generalsekretär der Südafrikanischen Kommunistischen Partei, in seinem Bericht an die letzte Jahressitzung des Zentralkomitees vortrug. In der erweiterten Definition, in der auch mitgezählt wird, wer sein Bemühen um Arbeit aufgegeben hat oder nur sporadisch im informellen Bereich tätig ist, sind es katastrophale 46,6 Prozent, 12,5 Millionen, bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 60 Millionen Menschen. Skandalös: Fast 30 Jahre nach dem demokratischen Durchbruch ist die Statistik weiterhin stark von Hautfarbe und geschlechtsspezifischen Merkmalen geprägt. Unter der schwarzen Bevölkerung beträgt die Arbeitslosigkeit 51,1 Prozent – 55,1 Prozent bei Frauen, 42 Prozent bei Männern. Und es geht noch schlimmer: 15- bis 24-Jährige sind zu 77,4 Prozent ohne Anstellung oder berufliche Ausbildung. Die ehemaligen Bantustans seien am stärksten betroffen und ähnelten immer noch ihrem Status unter der Apartheid als Arbeitskräftereservoir für das Monopolkapital und die produktive Tätigkeit in den Großstädten. In diesen Gebieten gebe es weder industrielle Entwicklung noch nennenswerte Beschäftigungsmöglichkeiten. Natürlich habe auch die Covid-19-Pandemie ihren Anteil an den Rekordzahlen, doch sei sie nicht der entscheidende Faktor.

Breiten Raum in Nzimandes Bericht nahmen die Ergebnisse der Kommunalwahlen im November ein, bei denen die Partei Nelson Mandelas, der ANC, zum ersten Mal seit dem Ende der Apartheid vor 27 Jahren ihre absolute Mehrheit verlor: Sie kam landesweit nur noch auf 46 Prozent der Stimmen – fast 8 Prozent weniger als bei den Kommunalwahlen vor fünf Jahren. Als wichtigstes Merkmal nannte der Generalsekretär die extrem niedrige Wahlbeteiligung – angesichts der Arbeitslosigkeit und Armut, mangelhafter Versorgung der Gemeinden mit Wasser und Strom und der langen Reihe von Korruptionsfällen, in die ANC-Politiker verwickelt sind, hätten viele Südafrikaner das Vertrauen in demokratische Prozesse verloren. Bemerkenswert sei, dass die Mehrheit der bisherigen ANC-Wähler nicht anders gewählt haben, sondern zu Hause geblieben sind.

Das schlechte Abschneiden des ANC habe auch in Zusammenhang mit Machtkämpfen um Positionen und die Marginalisierung von Bündnispartnern gestanden. Der ANC muss sich erneuern, sich vereinigen und dafür sorgen, dass ANC-geführte Regierungen auf allen Ebenen dem Volk gewissenhaft und kompetent dienen. Die SACP will aus Prinzip und strategischer Notwendigkeit Bemühungen zur organisatorischen und politischen Erneuerung des ANC weiterhin unterstützen, aber – und dies ist ein neuer Ton in Verlautbarungen der KP – die eigene Unabhängigkeit stärken und das Bündnis von ANC, SACP und Gewerkschaftsbund Cosatu neu gestalten.

Das Zentralkomitee verabschiedete ein Aktionsprogramm für das Jahr 2022, das unter anderem vorsieht:

  • Ein bedingungsloses Grundeinkommen.
  • Das Recht auf Arbeit.
  • Kampf gegen Kriminalität und Gewalt, einschließlich geschlechtsspezifischer Gewalt.
  • Bewältigung der Gesundheitskrise, einschließlich Covid-19.
  • Bewältigung der Herausforderungen in den Bereichen Bildung und Kompetenzentwicklung.
  • Einberufung einer Konferenz linker Kräfte, um das weitere Vorgehen in Bezug auf die wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes zu erörtern.
  • Maßnahmen gegen den Klimawandel durch eine Kampagne zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen.

Das Zentralkomitee würdigte die Arbeit südafrikanischer Wissenschaftler bei der Identifizierung neuer Covid-19-Varianten, womit sie eine Führungsrolle in der ganzen Welt eingenommen hätten. Es verurteilte die Regierungen imperialistischer und anderer Länder, die ihre Grenzen für Menschen aus Südafrika und dem südlichen Afrika geschlossen haben, so als ob die Omikron-Variante von Covid-19 ihren Ursprung im südlichen Afrika hätte. Tatsache sei, dass sich das Virus weltweit ausbreitet und die neue Variante möglicherweise ihren Ursprung außerhalb des afrikanischen Kontinents hat. Die SACP ruft die Bevölkerung auf, sich zahlreich impfen zu lassen, da dies der beste Weg sei, das tödliche Virus zu bekämpfen.

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"Erschreckende Zahlen", UZ vom 24. Dezember 2021



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