Zehn Jahre nach dem Referendum auf der Halbinsel ist Russlands Politik bestätigt

Es gab keine Krim-Annexion

Kolumne

Die deutsche Kriegspropaganda hat die Sprachregelung zur Eingliederung der Krim in die Russische Föderation festgezurrt. Sie folgt streng den Sprachregelungen aus Kiew, wie sie zum Beispiel auf der „offiziellen Internetseite der Ukraine“ ukraine.ua nachzulesen ist: „Der Krieg Russlands gegen die Ukraine begann am 20. Februar 2014 unmittelbar nach dem Sieg der Revolution der Würde und der Flucht des prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch aus dem Land.“ So etwas steht mit seiner Dreistigkeit in bester Tradition des Faschisten Stepan Bandera und seiner OUN, in deren Zeichen der Staatsstreich in Kiew stattfand.

Am 16. März 2014 stimmten auf der Krim bei einer Wahlbeteiligung von 83,1 Prozent insgesamt 96,77 Prozent der Abstimmenden für eine Vereinigung der Krim mit der Russischen Föderation. Die erkannte einen Tag später die Republik Krim als souveränen Staat an. Wiederum einen Tag später unterzeichneten im Moskauer Kreml Wladimir Putin und die Vertreter der Republik Krim den Vertrag zur Aufnahme der Krim als neues Föderationssubjekt in die Russische Föderation.

Arnold Schölzel
Arnold Schölzel

Vor zehn Jahren war selbst in der deutschen Bürgerpresse Abweichendes dazu noch zugelassen. So schrieb zum Beispiel der Hamburger Staatsrechtler und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel am 7. April 2014 in der „FAZ“: „Hat Russland die Krim annektiert? Nein. Waren das Referendum auf der Krim und deren Abspaltung von der Ukraine völkerrechtswidrig? Nein. Waren sie also rechtens? Nein; sie verstießen gegen die ukrainische Verfassung (aber das ist keine Frage des Völkerrechts). Hätte aber Russland wegen dieser Verfassungswidrigkeit den Beitritt der Krim nicht ablehnen müssen? Nein; die ukrainische Verfassung bindet Russland nicht. War dessen Handeln also völkerrechtsgemäß? Nein; jedenfalls seine militärische Präsenz auf der Krim außerhalb seiner Pachtgebiete dort war völkerrechtswidrig. Folgt daraus nicht, dass die von dieser Militärpräsenz erst möglich gemachte Abspaltung der Krim null und nichtig war und somit deren nachfolgender Beitritt zu Russland doch nichts anderes als eine maskierte Annexion? Nein.“

Merkel blieb mit seiner Ansicht unter Rechtswissenschaftlern weitgehend allein – mit der großen Ausnahme des Marxisten Hermann Klenner. Dieser wies in einem Vortrag vor Mitgliedern der Kommunistischen Plattform der Partei „Die Linke“ im Frühjahr 2014 darauf hin, dass erstens dem Referendum der Verfassungsbruch des Staatsstreichs vorhergegangen war. Dass zweitens dieser russophobe Putsch keine landesweite Zustimmung erreichen konnte, dass zwar die Unabhängigkeitserklärung des Krim-Parlaments vom 11. März illegal, aber viertens nicht völkerrechtswidrig war und fünftens auch die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation völkerrechtskonform war. Klenner fügte dem hinzu, eine materialistische Gesellschaftsbetrachtung könne sich „nicht damit begnügen, die Übereinstimmung bzw. die Nichtübereinstimmung von Sein und Sollen, von Normalität und Normativität zu ermitteln“. Es sei „zusätzlich – nicht etwa als Alternative! – erforderlich, die Frage nach dem Begründet- und Gerechtfertigtsein des sich innerhalb einer Rechtsordnung vollziehenden staatlichen Verhaltens, also auch die Frage nach seiner Legitimität aufzuwerfen“. Das führt zur internationalen Lage, zum vielfachen Bruch des Völkerrechts durch USA und NATO, zur absprache-, wahrscheinlich auch völkerrechtswidrigen Ostexpansion der NATO und schließlich zum Putsch der Bandera-Leute in Kiew.

2024 ist hinzugetreten: Die NATO führt offen einen Krieg gegen Russland, dem sie keinerlei eigene Sicherheitsinteressen zubilligt. Die Aggressivität des Westens, welche die russische Führung zur Eingliederung der Krim veranlasste, bleibt der Kern des ­Problems.

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"Es gab keine Krim-Annexion", UZ vom 15. März 2024



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