Fußballreise um die Welt: Kuba

Für Fußballromantiker

Von Hannes Schinder

Der Fußball macht in Europa Sommerpause. Abgesehen vom Confed Cup in Russland – für den sich nur diejenigen interessieren, die alles gucken – und der U-21-Europameisterschaft in Polen dürfen sich die Spieler ausruhen. Und während sich das Transferkarussell langsam dreht, können wir die Sommerpause nutzen, um den Blick mal über den Tellerrand zu werfen. Und so nehme ich euch mit auf eine Fußballreise um den Erdball. Sie beginnt in der Karibik, besser gesagt: auf Kuba.

Es ist ein warmer Freitagabend im Oktober in Havanna, genauer gesagt: Es ist der 7. Oktober 2016. Im Estadio Pedro Marrero treffen zum ersten Mal seit 1947 die Fußballnationalmannschaften von Kuba und den USA in einem Freundschaftsspiel aufeinander. Vor knapp 28 000 Zuschauern gewinnen die US-Amerikaner 2:0. Doch der Fußball spielt eine untergeordnete Rolle – das sportliche Kräftemessen ist als Zeichen der Annäherung gemeint.

Das Ergebnis des beiläufigen Fußballspiels kann keinen verwundern. Es trafen schließlich der Weltranglisten-165. und der -23. aufeinander. Der damalige US-Trainer Jürgen Klinsmann bezeichnete die Begegnung als einen Moment, den „nur der Fußball bietet. Das sind Türöffner, die nur durch den Fußball passieren.“

Dass der Fußball Chancen bietet, ist richtig, trifft aber auf Sport generell zu. Und Fußball spielt in Kuba nicht die Rolle, die er in anderen Ländern einnimmt. In Kuba ist Baseball der Sport Nummer eins. Dass dieser Abend den Fußballern gehörte, war auch den Diplomaten recht, schließlich kochen die Emotionen beim „Soccer“ auch in den USA nicht besonders hoch. Und so war es einfach eine Gelegenheit, bei der die Fußball-Nationalmannschaft Kubas internationale Beachtung fand.

Der kubanische Verband „Asociación de Fútbol de Cuba“ kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, die jedoch ohne große Erfolge auskommen muss. 1912 gegründet, ist die „Asociación“ der zweitälteste Verband in Süd- und Mittelamerika nach Brasilien. Kuba nahm nur ein einziges Mal 1938 an einer Weltmeisterschaft teil und erreichte das Viertelfinale. Bisheriger Höhepunkt der kubanischen Fußballgeschichte war der Gewinn der Karibik-Meisterschaft 2012.

Für den sportlichen Erfolg passiert in Kuba einiges, auch beim Fußball. Zudem dürfen seit 2014 Top-Athleten aus den verschiedensten Bereichen auch im Ausland ihrem Sport nachgehen, müssen lediglich in Kuba ihre Steuern bezahlen und für Turniere nach Kuba  reisen. Dadurch will die Regierung verhindern, dass sich die in Kuba ausgebildeten Sportler bei internationalen Wettbewerben absetzen, um sich ihr Können im Profisport vergolden zu lassen. Im Fußball waren das 20 Spieler seit der Revolution 1959.

Diese sozialistische Revolution hat vieles verändert, auch das kubanische Ligasystem. Zunächst traten städtische Auswahlmannschaften in der höchsten Spielklasse gegeneinander an – nicht mehr Vereine. Durch die Verwaltungsreform 1976 änderte sich 1978 auch der Spielmodus im Teamsport. Seitdem treten die Auswahlmannschaften der Provinzen in der Liga an. Wobei lediglich 10 Mannschaften die Meisterschaft im ersten Halbjahr ausspielen. Die acht bestplatzierten Mannschaften aus der Vorsaison sind in der Liga gesetzt und die übrigen Provinzen spielen in einem Relegationsturnier die zwei letzten Startplätze aus.

Die Form der Austragung wirkt auf den ersten Blick vielleicht veraltet, schafft  aber relativ faire Wettkampfbestimmungen. Denn durch die Zusammensetzung mit den Auswahlteams findet ein vor allem sportlicher und kein wirtschaftlicher Wettkampf statt, wie es in den europäischen Ligen der Fall ist. Doch auch dieses System wird von bestimmten Teams dominiert. Rekordmeister ist die Provinz Villa Clara mit 13 Meisterschaften. Weitere erfolgreiche Provinzen sind Pinar del Río, Ciudad de La Habana und Ciego de Ávila.

Der kubanische Fußball ist etwas für Romantiker, die sich mehr für Sport und weniger dafür interessieren, welcher Verein das meiste Geld hat und die besten Spieler kaufen kann. Vielleicht eine interessante Alternative zu den bekannten Ligen. Schade, dass der Fußball in Kuba nur selten im öffentlichen Interesse steht.

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"Für Fußballromantiker", UZ vom 30. Juni 2017



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