Gebeutelte Jachtbesitzer

Wer hat es nicht satt, im Winter auf zugigen Bahnsteigen zu stehen und sich den verlängerten Rücken abzufrieren? Zum Glück gibt es andere Möglichkeiten des Transports: Superjachten zum Beispiel. Klar, die Anschaffungskosten schlagen erst mal ins Kontor. Der Kahn darf nicht zu klein sein, sonst rutscht einem bei Wellengang das Monokel ins Champagnerglas. Außerdem läppern sich die Ausgaben für Mannschaft, Schwimmbad, Helikopterlandeplatz und das mitgeführte Mini-U-Boot. Und das schönste Schiff nützt nichts, wenn am Monatsende kein Geld mehr für eine ordentliche Koks-Line auf der Privatinsel übrig ist. Die EU-Kommission hat dieses Problem erkannt und springt den gebeutelten Jachtbesitzern zur Seite.

Privat genutzte Schiffe werden vom CO2-Emissionshandel ausgenommen. Die Ausnahme trifft auch auf die gigantischen Mega-Jachten zu, die gerne mal mehr als 1.000 Liter Diesel pro Stunde verbrauchen. An einem lauen Sommertag sorgt ein Milliardär mit so einem Spielzeug für mehr Umweltverschmutzung als eine Arbeiterin in ihrem ganzen Leben. Doch laut EU wäre es zu kompliziert, die Emissionen der Jachten zu erfassen – „Verwaltungsaufwand“ heißt das Zauberwort. Millionen Autofahrer, die über die Besteuerung des Benzins zur Kasse gebeten werden, dürften sich wundern. Aber sie sind auch selbst schuld: Wer sich schon keine Jacht kauft, könnte wenigstens fliegen. Die Ausnahme gilt nämlich auch für Privatjets.

Über den Autor

Vincent Cziesla, Jahrgang 1988, ist seit dem Jahr 2023 Redakteur für das Ressort „Politik“. Der UZ ist er schon seit Jahren als Autor und Verfasser der „Kommunalpolitischen Kolumne“ verbunden. Während eines Praktikums lernte er die Arbeit in der Redaktion kennen und schätzen.

Cziesla ist Mitglied des Neusser Stadtrates und war von 2014 bis 2022 als hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer der Linksfraktion in Neuss beschäftigt. Nebenberuflich arbeitet er in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Behinderung.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Gebeutelte Jachtbesitzer", UZ vom 27. Januar 2023



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Flagge.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit