Entsetzen über Schändung von Buchenwald-Gedenkstätten

Gedenkbäume zerstört

Bislang unbekannte Täter haben Mitte Juli sieben Bäume zerstört, die entlang der Trasse der ehemaligen Buchenwaldbahn an Antifaschisten und Opfer des KZ Buchenwalds erinnern. Einer der Bäume war zu Ehren der 1.600 in Buchenwald ermordeten Kinder und Jugendlichen gepflanzt worden. Die anderen sechs namentlich für die in Buchenwald inhaftierten deutschen Antifaschisten Emil Carlebach, Otto Kipp, Erich Loch, Reinhold Lochmann und August Stötzel sowie den französischen Ingenieur Marcel Dassault. Wenige Tage später wurden in der Nähe von Weimar drei weitere Bäume geschändet, die ebenfalls im Rahmen des Projektes „1.000 Buchen“ gepflanzt worden waren. Das Projekt pflanzt Gedenkbäume entlang der Todesmarschrouten aus Buchenwald. Es wurde 1999 vom Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda ins Leben gerufen.

Einige der zerstörten Bäume waren bereits nachgepflanzt worden. Ihre Vorgänger an der gleichen Stelle wurden im Juli 2020 massiv beschädigt. Zudem stellte die Gedenkstätte Buchenwald am 20. Juli fest, dass Unbekannte Hinweise auf Aschegräber auf einem Wegweiser zerkratzt haben. In diesen Aschegräbern entsorgten die Faschisten den Leichenbrand aus dem Krematorium des KZ Buchenwald.

Die Schändung der Gedenkstätten sorgte weltweit für Entsetzen. Das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos (IKBD) verurteilte „aufs Schärfste die abscheulichen Akte von Vandalismus“. Man werde sich „niemals von denen entmutigen lassen, die sich gegen Demokratie und für Antisemitismus und Antiziganismus einsetzen und wird den Kampf gegen jede neonazistische Gewalt im Namen der Opfer der Nazi-Barbarei und der Werte des Schwurs von Buchenwald fortsetzen“. Das IKDB ruft alle demokratischen Kräfte dazu auf, die Reihen zu schließen, „damit kein weiterer Baum abgesägt, sondern der Weg zum Faschismus zerstört wird“.

Philipp Neumann-Thein, Stellvertretender Direktor der Gedenkstätte Buchenwald, erstattete Anzeige bei der Polizei. „Wir hoffen, dass die Polizei diesmal erfolgreich sein wird“, äußerte sich Rola Zimmer, Geschäftsführerin des Lebenshilfe-Werks Weimar/Apolda. Das Landeskriminalamt Thüringen ermittelt wegen politisch motivierter Sachbeschädigung. Eine Anfrage der UZ diesbezüglich konnte bis Redaktionsschluss nicht beantwortet werden. Oberstaatsanwalt Hannes Grüneisen bestätigte gegenüber MDR Thüringen, dass ein Ermittlungsverfahren wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung eingeleitet wurde. Den Tätern drohten bis zu drei Jahren Haft. Die Stadt Weimar hat eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro ausgelobt für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) twitterte in Anlehnung an den Buchenwald-Überlebenden und Schriftsteller Elie Wiesel: „Wenn Bäume abgesägt werden, weil man die Erinnerung an die Gräueltaten auslöschen will, dann begeht man die Tat erneut.“ Ramelow kündigte an, seinen Urlaub zu unterbrechen. Nur „entschiedenes Handeln“ helfe gegen solche Taten. Er versprach, sich an der Neupflanzung der Gedenkbäume zu beteiligen. „Auf einen zerstörten Baum zwei neue – auf jede feige Tat doppeltes Hinsehen.“

Das Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda, das die Bäume betreut, bekam viel Zuspruch. Unter anderem kündigte der FC Schalke 04 an, die Neupflanzungen finanziell zu unterstützen. Statt wie bisher je geschändetem Baum zwei nachzupflanzen, könne man jetzt vier nachpflanzen.

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"Gedenkbäume zerstört", UZ vom 29. Juli 2022



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