Mit dem Verbot des Palästina-Kongress erreicht die Repression eine neue Stufe

Gefährlicher Präzedenzfall

João Pimenta

Unter dem Motto „Wir klagen an!“ wurde der Palästina-Kongress in Berlin vor einigen Monaten von einem Bündnis von Solidaritätsorganisationen und politischen Gruppierungen angekündigt. Kurz darauf begann der deutsche Staat, seinen Unterdrückungsapparat zu mobilisieren, um die Veranstaltung zu verhindern. Die Polizei führte Hausdurchsuchungen bei Aktivisten durch, verbot Spendensammlungen und schüchterte die Organisatoren systematisch ein, während die Sparkasse das Konto der Jüdischen Stimme, die Spenden für den Kongress sammelte, sperrte.

Am frühen Freitagmorgen waren 900 Polizeibeamte im Einsatz, um den Kongressort zu umstellen. Sie blockierten den Eingang und versuchten, die Eröffnung so lange wie möglich hinauszuzögern, angeblich um sicherzustellen, dass der Veranstaltungsort den Brandschutznormen entspricht. Während dieser Wartezeit wurde ein jüdischer Demonstrant, der ein Transparent mit der Aufschrift „Juden gegen Völkermord“ hielt, von der Polizei gewaltsam beiseite genommen und vorübergehend an einem Lieferwagen festgehalten. Nach stundenlangem Warten in der Schlange wurde bekannt gegeben, dass die Polizei nur 250 der 1.000 Karteninhaber in den Veranstaltungsort lassen würde. Es dauerte dann noch mehrere Stunden und viel Hin und Her mit der Polizei, um die Helfer und Organisatoren in den Kongress zu lassen. Die Polizei kollaborierte mit den bürgerlichen Medien und gewährte ihnen Zutritt zum Gebäude, obwohl sie keine Berechtigungsnachweise für den Kongress besaßen. Während die Teilnehmer draußen auf eine Klärung der Situation warteten, erklärte die Polizei die Warteschlange zu einer Demonstration unter freiem Himmel und begann über Megaphon zu verkünden, dass die Menschen die Straße verlassen sollten. Udi Raz, ein führender Aktivist der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost, wurde ebenfalls festgenommen.

Einige Kilometer entfernt am Flughafen BER wurde dem palästinensischen Arzt Ghassan Abu Sitteh, der im Al-Shifa-Krankenhaus arbeitete und auf dem Kongress sprechen sollte, die Einreise verweigert. Er wurde am Flughafen festgehalten und mehr als drei Stunden lang verhört. Schließlich drohten ihm die Behörden mit Haft, falls er versuchen sollte, per Videoanruf an dem Kongress teilzunehmen. Nach stundenlangen polizeilichen Behinderungen begann der Kongress, wobei nur ein Bruchteil der Teilnehmer den Veranstaltungsort betreten durfte. Die Polizei begann bald, weiter zu eskalieren. Völlig willkürlich schaltete sie die Energiezufuhr zum Veranstaltungsort ab, so dass die Live-Übertragung nicht fortgesetzt werden konnte. Daraufhin wurde der Veranstaltungsort gestürmt und der Kongress komplett verboten. Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der auf dem Kongress sprechen sollte, hatte ebenfalls ein Einreiseverbot für Deutschland erhalten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser lobte die Polizeiaktion auf X: „Es ist richtig und notwendig, dass die Berliner Polizei hart durchgreift beim sogenannten Palästina-Kongress. Wir dulden keine islamistische Propaganda.“ Auch der Berliner Bürgermeister Kai Wegner (CDU) unterstützte das Verbot: „Wer sich nicht daran hält, wird die Konsequenzen spüren.“ Die CDU hatte auch am Vortag mit Werbetrucks gegen den Kongress agitiert.

Am Samstag nahmen etwa 9.000 Menschen an einer von den Organisatoren des Kongresses organisierten Demonstration teil, die gemeinsam gegen das Verbot marschierten und dabei von einem riesigen Polizeiaufgebot umgeben waren. Die Demonstration endete mit der Festnahme zahlreicher Personen. Mit dem Versuch Deutschlands, seine Rolle bei dem Massaker an mehr als 35.000 Palästinensern zu verbergen, hat die Eskalation der Repression eine neue Stufe erreicht. Das Verbot des Kongresses stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar und ist eine klare Verschärfung des reaktionären Staatsumbaus, den wir in der BRD seit einigen Jahren erleben.

Die DKP hat sich in einer Erklärung mit den Veranstaltern des Palästina-Kongresses solidarisch erklärt.

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