Schweizer Kommunisten hielten ihren 23. Parteitag ab

Gegen die Verträge mit der EU

Von Günter Pohl

Am 10. und 11. Juni traf sich die Partei der Arbeit der Schweiz in Neuchâtel (Neuenburg) zu ihrem 23. Ordentlichen Parteitag. 32 Delegierte aus acht Kantonen, in der Mehrzahl aus der französischsprachigen Westschweiz sowie aus Bern, dem Tessin, St. Gallen und Zürich, diskutierten zwei zentrale Dokumente und wählten eine neue Parteileitung.

Die PdAS (frz: PST/POP, it: PSdL) ist de facto die Kommunistische Partei in der Schweiz. Im italienischsprachigen Tessin hat sich nach einem Streit, der zum Ausschluss einiger Parteimitglieder geführt hatte, vor Jahren allerdings in strikter Abgrenzung auch eine „Partito Comunista“ (PC) gegründet. Die Tessiner Struktur der Partei der Arbeit (PSdL) hat sich inzwischen wieder stabilisiert.

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Das föderale System der Schweiz macht es der Leitung einer Klassenpartei, die den selbstverständlichen Anspruch hat, in allen Teilen des Landes aktiv zu sein, nicht leicht. Die drei Sprachen, verbunden mit der unterschiedlichen Sozialstruktur in den Regionen, können zu differenzierten Ansätzen der Politik führen. Die PdAS verfügt in sechs Kantonen über Abgeordnete; im gastgebenden Kanton Neuchâtel, der die höchste Arbeitslosigkeit des Landes aufweist und wo sieben Prozent der Bevölkerung von Sozialhilfe leben müssen, hat die Partei als PST/POP ihre stärksten Bastionen.

Parteipräsident Gavriel Pinson konnte als internationale Gäste Vertreter der 4-Parteien-Konferenz begrüßen, an denen die PdAS seit 2015 beobachtend teilnimmt: Von der Partei der Arbeit Belgiens sowie von der DKP. Die KP Kubas sandte ein Grußschreiben des Zentralkomitees.

Hauptthema des ersten Konferenztags waren die Standpunkte der Partei zu den bilateralen Verträgen der Schweiz mit der EU. Nach einer Volksabstimmung, die sich gegen die Personenfreizügigkeit ausgesprochen hatte, sind die nach dem „Nein“ der Schweizer Bevölkerung zur Mitgliedschaft in der EU (1992) ersatzweise umgesetzten bilateralen Abkommen jetzt wieder in Frage gestellt. Zumeist muss die Schweiz Normen der EU anerkennen, selbst wenn diese nicht den Schweizer Normen entsprechen, so auch im empfindlichen Lebensmittelbereich. Die PdAS war zunächst in der Haltung zur EU gespalten, hat sich bei einem Parteitag 2008 dann aber mehrheitlich gegen die Europäische Union entschieden; das gilt noch deutlicher für heute.

Länger wurde über die Frage der Grenzgänger diskutiert. Zehntausende reisen täglich aus Deutschland oder Frankreich ein, was vor allem in der Westschweiz negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. In den grenznahen Orten Frankreichs wiederum führen die höheren Löhne bei Menschen, die in der Schweiz besser verdienen, zu Druck und höheren Kosten im Wohnungsmarkt. Mit wenigen Änderungen wurde der Antrag zu bilateralen Verträgen, die die PdAS als gescheitert ablehnt, unter anderem weil sie „darauf abzielen, die Schweiz in den europäischen Markt zu integrieren“ einstimmig angenommen. Ein weiteres Dokument, das die Delegierten beschlossen, befasst sich mit der internationalen Lage.

Im Rahmen einiger Statutenänderungen, bei denen unter anderem beschlossen wurde, dass Parteitage künftig nicht alle zwei, sondern alle vier Jahre abgehalten werden, kam es zu einer längeren Debatte über das Abstimmungsverhalten des einzigen Vertreters der Partei der Arbeit im Nationalrat, Denis de la Reussille. Er hatte im Nationalrat mit seiner Stimme gegen die Haltung seiner Partei eine Erhöhung des Renteneintrittsalters für Frauen von 64 auf 65 Jahre ermöglicht. Der Antrag der Züricher Sektion der Partei, dass „eidgenössische Parlamentarier/innen“, die nicht Mitglied des ZK sind, zu dessen und den Sitzungen der Parteileitung nicht einfach eingeladen, sondern verpflichtend zur Teilnahme aufgefordert werden, scheiterte hauchdünn an der notwendigen Zweidrittelmehrheit. Ziel war eine engere Anbindung der Abgeordneten an die Strukturen der Partei.

Die Anwesenden wählten im Block ein neues Zentralkomitee und eine Parteileitung aus neun Mitgliedern. Parteipräsident Gavriel Pinson wurde einstimmig wiedergewählt.

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"Gegen die Verträge mit der EU", UZ vom 16. Juni 2017



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