Irinnen und Iren stimmen für die Abschaffung des Verfassungszusatzes, der Abtreibungen verbietet

Gemeinsam für ein Ja

Von Melina Deymann

Am 25. Mai 2018 haben die Irinnen und Iren eine historische Entscheidung getroffen: Der 8. Zusatz, der Abtreibungen generell für illegal erklärt, wird aus der Verfassung gestrichen. Eine überwältigende Mehrheit von 66,4 Prozent stimmte im Referendum am vergangenen Freitag mit „Yes“.

Bisher hatte der 8. Zusatz zur Verfassung Schwangerschaftsabbrüche selbst nach Vergewaltigung und tödlichen Fehlbildungen des Fötus verboten. Abtreibungen durften in bestimmten Situationen zur Rettung des Lebens der Mutter vorgenommen werden, allerdings scheuten Ärzte oft davor zurück, diese auch durchzuführen. Kein Wunder, wenn einen dafür bis zu 14 Jahren Gefängnis erwarten. In den letzten Jahren wurden viele Tragödien publik, die sicherlich auch zum Wandel der öffentlichen Meinung beigetragen haben. So starb die 31-jährige Savita Halappanavar bei einer Fehlgeburt, weil Ärzte die lebensrettende Abtreibung verweigerten. Ihre Eltern hatten vor dem Referendum dazu aufgerufen, an sie zu denken, wenn man sein Kreuz bei Ja oder Nein setzt. Amanda Mellet war gezwungen nach England zu reisen, um dort die Abtreibung eines Fötus vornehmen zu lassen, der außerhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig gewesen wäre – in Irland hätte sie dem Kind beim Sterben zusehen müssen. Die 38-jährige Sarah H. reiste nach Britannien, als sie während ihrer Krebserkrankung schwanger wurde. In Irland war ihr die Abtreibung verweigert worden, ihre Lebenserwartung betrage schließlich noch 10 Monate – genug Zeit, um ein Kind auszutragen. Den Triumph des Referendums hat sie nicht mehr erlebt.

Der Ausgang des Referendums ist auch Zeichen für den Machtverlust der katholischen Kirche. Nach unzähligen Missbrauchsskandalen und den Enthüllungen über die zwei Jahrhunderte Ausbeutung von Müttern unehelicher Kinder in den „Magdalena Laundries“ genannten Wäschereien der katholischen Kirche taugt sie für wenige Irinnen und Iren noch als moralische Instanz.

Die Kommunistische Partei Irlands begrüßte die Entscheidung des irischen Volkes gegen den „frauenfeindlichen 8. Zusatz“ und nannte die aktiven Teile der Nein-Kampagne einen „Teil der irischen Geschichte, der zurückgeht und verschwinden wird“. Die Wahl sei auch eine „signifikante Niederlage der reaktionären Kräfte in den USA, Britannien, Deutschland und anderen europäischen Ländern, die sich durch Finanzierung, Materialien und Propagandisten direkt in die Referendumskampagne eingemischt haben“.

Ein Gesetzentwurf der neoliberalen Regierungspartei „Fine Gael“, der bis zum Jahresende verabschiedet werden soll, sieht vor, dass Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche ohne Angabe von Gründen legal sind. Damit hätte Irland ein liberaleres Abtreibungsrecht als Deutschland.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Gemeinsam für ein Ja", UZ vom 1. Juni 2018



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