Sachsen-Anhalt nach und Thüringen vor der Landtagswahl

Gesucht und nicht gefunden

Die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt am 6. Juni sind Geschichte, die in Thüringen könnten am 26. September stattfinden – am selben Tag wie die Bundestagswahl. Wenn denn der Landtag am 19. Juli seine vorzeitige Auflösung beschließt. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Ob die erreicht wird, ob alle CDU-Abgeordnete mit „Ja“ stimmen, ist noch unklar.

Denn vier CDU-Abgeordnete – Michael Heym, Jörg Kellner, Maik Kowallek und Christine Tasch – meinen, offenbar aus rein persönlichen Gründen, der Landtag sei 2019 für fünf Jahre gewählt worden. Warum also das Risiko von Neuwahlen eingehen? CDU-Fraktionschef Voigt ist jedoch trotz der Position, die die vier eingenommen haben, optimistisch, dass man im Landtag am 19. Juli die Zweidrittelmehrheit erreichen werde. Neuwahlen sind in Planung, seit der FDP-Fraktionsvorsitzende Kemmerich sich am 5. Februar des vergangenen Jahres mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen und kurz darauf zurücktrat. „Die Linke“ hatte damals sofortige Neuwahlen vorgeschlagen, die CDU mauerte, weil man wegen des Kemmerich-Skandals und des eigenen Verhaltens in dieser Situation deutliche Verluste befürchtete. Man vereinbarte schließlich einen sogenannten „Stabilitätspakt“ bis zu den Neuwahlen, denn die Thüringer Regierungskoalition aus Linkspartei, SPD und Grünen brauchte für wichtige Landtagsbeschlüsse Stimmen aus der CDU-Fraktion.

In Sachsen-Anhalt hat man dagegen derzeit ganz andere Sorgen: Wie wird die neue Koalition aussehen? Sind die Grünen wieder dabei oder will die CDU dieses Mal lieber mit der FDP – und wieder mit der SPD – koalieren? Am Tag nach der Wahl hatten FDP und Grüne erklärt, nicht als dritte Partner in eine Koalition mit der CDU und SPD einzutreten, die zusammen bereits eine Mehrheit im Landtag erreichen. Ob es aber dabei bleibt?
Die CDU hatte die Landtagswahlen am 6. Juni gewonnen. Die CDU um Ministerpräsident Reiner Haseloff erhielt 37,1 Prozent der abgegebenen Stimmen, 7,3 Prozent mehr als bei den Landtagswahlen 2016 und deutlich mehr, als es einige Wahlforscher vor dem Wahltag vorausgesagt hatten. Deutlichster Verlierer der Wahl war „Die Linke“, die ihr bislang schlechtestes Resultat in Sachsen-Anhalt hinnehmen musste. Sie wurde zwar drittstärkste Partei, verlor aber – verglichen mit 2016 – nicht nur die meisten Prozentpunkte, sondern verlor, wie der „Mitteldeutsche Rundfunk“ in einer Wahlauswertung feststellte, in jeder einzelnen Gemeinde Stimmanteile. „Die Linke“ gab dabei Wählerstimmen an alle politische Lager ab. Ebenfalls Stimmen verloren hat die SPD (minus 2,2 Prozent). Die FDP schaffte nach zehn Jahren den Wiedereinzug in den Landtag, die Grünen gewannen Stimmen, blieben aber die kleinste Fraktion. Noch laufen zwar die Sondierungsgespräche. Wahrscheinlich wird es aber eine CDU/SPD/FDP-Koalition.

Die AfD musste – erstmals bei einer Landtagswahl im Osten Deutschlands – Verluste hinnehmen (minus 3,5 Prozent), erhielt aber trotzdem über ein Fünftel der Wählerstimmen und wurde damit in Sachsen-Anhalt zweitstärkste Partei.

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Gesucht und nicht gefunden", UZ vom 16. Juli 2021



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