Grundrechte verteidigen NEIN! zum neuen Polizeigesetz in Schleswig-Holstein

DKP Schleswig-Holstein

Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung plant ein neues Polizeigesetz. Anfang November des vergangenen Jahres legte die Jamaika-Koalition bestehend aus CDU, FDP und Grünen den Entwurf hierfür der Presse vor. Obwohl sowohl seit Jahren die regulären Kriminalitätsraten als auch die der Gewaltkriminalität im Land sinken oder mindestens stagnieren, werden damit deutliche Verschärfungen der aktuellen Polizeibefugnisse vorgenommen und Grundrechte weiter abgebaut.

Die Ausweitung polizeilicher Befugnisse weit ins Vorfeld
eventueller Straftaten bedeutet einen massiven Verlust an
Freiheitsrechten für einen nur scheinbaren Gewinn an Sicherheit. Mit
dem neuen Gesetz dürfte die Polizei verdeckte Ermittler zur
Gefahrenaufklärung einsetzen, das heißt, dass Polizeibeamte tief in
die Privatsphäre von Menschen, ja sogar in deren Wohnungen
eindringen dürfen, ohne deren Wissen oder auch nur eine konkrete
Gefahr. Mittels Bodycams dürften zukünftig Polizisten jederzeit
ihre Umgebung filmen und den Überwachungsdruck erhöhen.
Gleichzeitig bestimmen sie, was aufgezeichnet wird, sodass die
Kameras die von ihnen ausgeübte Gewalt wohl nicht aufnehmen werden.

Befugnisse, Menschen vorzuschreiben, wo sie sich aufhalten dürfen
und wo nicht, werden massiv ausgeweitet. Der Einsatz von Tasern
(Elektroschockern) und der präventive Einsatz von Fußfesseln soll
der Polizei ermöglicht und der Einsatz von Sprengmitteln und
Waffengewalt gegen Jugendliche unter 14 Jahren und Menschenmengen
ausdrücklich erlaubt werden. Begründet wird dies mit der angeblich
wachsenden Terrorgefahr.

Parlamentarischer Widerstand gegen diese und weitere Eingriffe in
die Grundrechte ist nicht zu erwarten, da Polizeigewerkschaften und
SPD-Opposition die geplanten Gesetze eher noch nicht weit genug
gehen. Mit Kriminalitäts-Vorbeugung oder realen Bedrohungsszenarien
haben diese Änderungen des Polizeigesetzes ganz offensichtlich
nichts zu tun und sie stehen im Kontext ähnlicher Verschärfungen
von Polizeigesetzen in anderen Bundesländern, wie Bayern, Hessen,
Brandenburg oder Nordrhein-Westfalen.

Wenn weltweit hunderttausende Menschen auf die Straßen gehen, um
Mitspracherechte einzufordern und zeitgleich in Deutschland die
Polizei in allen Bundesländern aufrüstet, dann weckt das bei uns
Assoziationen an Aufstandsbekämpfung. Das ist kein Zufall: Seit der
großen Weltwirtschaftskrise 2008 beraten die weltweiten
Kapital-Eliten u. a. auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, wie sie
mit „sicher zu erwartenden sozialen Unruhen“ umgehen sollen.

Bereits im “Global Risk Report 2014” des
Weltwirtschaftsforums (WEF), welcher zum damaligen Jahrestreffen in
Davos präsentiert wurde, wurde dargelegt, dass das chronische
Einkommensgefälle zwischen Arm und Reich über das größte
Potenzial verfüge, im kommenden Jahrzehnt weltweit schwerwiegenden
Schaden zu verursachen.

Auch beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum 2020 war laut einer
PWC-Umfrage unter den Chefs der größten internationalen Konzerne
die Stimmung so schlecht wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr.
Neben Klimawandel und Protektionismus standen wieder einmal die
wachsenden soziale Spannungen ganz oben auf der Agenda. Die höhere
Unsicherheit ist für die Chefin des Internationalen Währungsfonds
(IWF), Kristalina Georgiewa, sogar das „new normal“, also der
neue Normalzustand der Welt, berichtete das „Handelsblatt“ vom
20.01.2020.

Das Kapital sucht folglich nach Möglichkeiten mit den aktuellen
Entwicklungen umzugehen. Es greift dabei auf Strategien zurück, die
Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur kapitalistischen
Herrschaftsabsicherung gegen die Interessen der Mehrheit der
Bevölkerung und bei weitem nicht neu sind. Bereits während des
ersten imperialistischen Weltkrieges 1916 schrieb Wladimir Iljitsch
Lenin sein Werk “Der Imperialismus als höchstes Stadium des
Kapitalismus”. Er arbeitet darin die sich mit der Macht der
Monopole entfaltende Tendenz des Imperialismus zur Aggression nach
Außen und zur Reaktion nach Innen heraus.

75 Jahre nach der Beendigung des 2. Weltkrieges durch die
Befreiung vom Faschismus erleben wir diese imperialistische
Aggression nach außen aktuell in den diversen Stellvertreterkriegen
u. a. um Rohstoffe (z. B. beim Syrien-Krieg und Iran-Konflikt um Öl,
den Kriegen und Regime-Changes um seltene Erden, wie z.B. in
Afghanistan und Bolivien) sowie bei der wachsenden Kriegsgefahr durch
massive Aufrüstung und die steigende Anzahl von Manövern der USA
und ihrer NATO-Verbündeten, also auch der Bundesrepublik
Deutschland, gegen Russland und China („Defender 2020“ an der
russischen Grenze und 2021 im Pazifik, „Northern Costs“ 2019,
“Trident Juncture 2018”, etc.).

Die imperialistische Reaktion nach Innen wird mit dem Abbau
sozialer Rechte, der Verschärfung der Überwachung der eigenen
Bevölkerung, der Aufrüstung der Polizei, dem Einsatz der Armee im
Innern, der fortgesetzten Umverteilung von „Unten nach Oben“ und
eben diesem Grundrechteabbau, wie hier geplant mit den neuen
Polizeigesetzen, vorangetrieben.

Der Kampf gegen das geplante Polizeigesetz in Schleswig-Holstein ist folglich ein wichtiger Bestandteil des Kampfes um die Verbesserung der Grundrechte und der sozialen Rechte der Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land! Wir appellieren an alle Bürgerinnen und Bürger: Steht mit uns auf! Verhindern wir diesen Grundrechteabbau gemeinsam!

Demonstration: 28. März 2020 um 11 Uhr am Alten Markt in Kiel

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