Spanien: Wer kann regieren?

Härter arbeiten

Von om

Bisher hatten die beiden großen Parteien – die konservative PP und die sozialdemokratische PSOE – noch jedes Parlament nach der Franco-Diktatur beherrscht, nach den Parlamentswahlen am Sonntag ist dieser „Bipartidismo“ offenbar am Ende: Die PP hat ihre absolute Mehrheit verloren, die PSOE ist auf 22 Prozent gefallen. Welche Koalition eine neue Regierung bilden könnte oder ob Neuwahlen anstehen war bei Redaktionsschluss offen.

Die „Unidad Popular“, die unter anderem von der „Vereinigten Linken“ (IU) und damit unter Beteiligung von deren führender Kraft, der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE), gebildet wurde, kam auf 3,67 Prozent der Stimmen und zwei Sitze – 2011 hatte die IU noch 6,9 Prozent erreicht. Allerdings hatte die „Unidad Popular“ in einigen Regionen auch „Podemos“ unterstützt und damit zu deren großem Wahlerfolg von über 20 Prozent der Stimmen beigetragen. Die Kommunistische Partei der Völker Spaniens (PCPE) trat eigenständig zu den Wahlen an. Sie erhielt 0,12 Prozent, knapp 31 000 Stimmen – 4 000 Stimmen mehr als bei den letzten Wahlen.

Ástor García, internationaler Sekretär der Kommunistischen Partei der Völker Spaniens (PCPE), sagt über das Ergebnis seiner Partei und einen inhaltsleeren Wahlkampf:

„Insgesamt bedeutet das Ergebnis keine Verbesserung für die Lage der Arbeiterklasse. Die alten und neuen Parteien werden mit der alten Politik weitermachen, die von der Diktatur des Kapitals erzwungen werden. Im Allgemeinen sind die Ergebnisse ähnlich wie bei den Wahlen 1977 und 1979, während der ‚Transición‘, dem Übergang von Franco-Diktatur zu bürgerlicher Demokratie. Wir haben eingeschätzt, dass wir uns in einer zweiten ‚Transición‘ befinden.

Keine der Parteien oder möglichen Bündnisse hat eine Mehrheit im Parlament. Es wird also eine sehr instabile politische Situation geben, wir können nicht ausschließen, dass es Neuwahlen geben wird, wenn es keine Vereinbarung über die Unterstützung einer Regierung gibt. Es sieht nicht so aus, als könnten PP und PSOE sich auf eine Art ‚große Koalition‘ einigen, aber ich bin sicher, dass es eine Menge Druck in diese Richtung von bestimmten Kapitalgruppen geben wird. Das würde wohl die Zerstörung der PSOE bedeuten.

Das Ergebnis von ‚Podemos‘ ist gut, aber weniger gut, als sie selbst erwartet haben. Die ‚Podemos‘-Abgeordneten kommen zum Teil auch von anderen Parteien, die mit ‚Podemos‘ zusammengearbeitet haben – das könnte unter Druck und in harten Debatten zu Problemen führen.

Das Ergebnis der PCPE hat sich kaum verbessert – obwohl wir 12 regionale Listen mehr aufgestellt hatten. Damit können wir nicht zufrieden sein. Wir waren nicht in der Lage, unsere Auffassungen auf eine gute Art und Weise zu verbreiten, und was Wahlkämpfe angeht, müssen wir uns weiterentwickeln. Natürlich hatten wir keinerlei Unterstützung aus den Medien – aber kann ja keine Entschuldigung sein, es zeigt nur, dass wir in der Zukunft sehr viel härter arbeiten müssen.

Der Wahlkampf war im Großen und Ganzen schwach, es gab keine richtige politische Debatte. Es war so: ‚Podemos‘ hat versucht, Stimmen von der PSOE abzuwerben. Die ‚Ciudadanos‘ haben versucht, Stimmen von der PP abzuwerben. Die IU hat versucht, Widerstand zu leisten. Aber die wirklichen Debatten sind hintenruntergefallen.

Für Spanien ist es untypisch, dass vier landesweit organisierte Parteien im Parlament sind. Jetzt stehen wir vor einer sehr instabilen politischen Lage. Ich denke, daraus können sich neue Perspektiven für den politischen Kampf der Arbeiterklasse ergeben.“

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"Härter arbeiten", UZ vom 25. Dezember 2015



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