In dem von Nicaragua im April 2024 angestoßenen Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gegen die Bundesrepublik wegen des Verdachts auf Beihilfe zum Völkermord im Gaza-Streifen haben die deutschen Behörden womöglich falsche Angaben gemacht. Damals hatte die Vertretung der BRD vor dem Gericht in Den Haag mit Blick auf das Jahr 2023 erklärt: „Die einzigen Gegenstände, die die deutsche Bundeswehr an Israel liefert, sind medizinische Hilfsgüter und Helme“.
„Nicht offengelegt“
Wie „Stern“ und „Drop Site News“ (DSN) in einem gemeinsamen Artikel berichten, gibt es daran mittlerweile erhebliche Zweifel. Die beiden Medien zitieren aus Äußerungen des Bundesverteidigungsministeriums in einem presserechtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln. Darin heißt es unter anderem, man habe seine Aussage vor dem IGH im April 2024 „im Einvernehmen mit dem betroffenen Staat“, also mit Israel, gemacht. Gegenüber dem Amtsgericht wurde eingeräumt, dass man die „erfragten differenzierten Informationen über Bundeswehrausfuhren“ in dem IGH-Verfahren „nicht offengelegt“ habe. Das Verteidigungsministerium argumentierte vor dem Gericht, es dürfe seine Angaben zu Länderabgaben aus „Gründen der vertraglich vereinbarten Vertraulichkeit“ nicht offenlegen, da ansonsten das Vertrauen zwischen Deutschland und Israel erheblich beeinträchtigt werden könne.
Nach dem 7. Oktober 2023 verzehnfachte sich der Wert der nach Israel exportierten Kriegsgüter auf einen Schlag. Die BRD wurde damit hinter den USA zum zweitwichtigsten Waffenlieferanten des zionistischen Staates. Bis Mitte Mai 2025 genehmigten die Ampel- und die schwarz-rote Bundesregierung Rüstungslieferungen im Wert von 485 Millionen Euro. Hinzu kommen Schenkungen aus den Beständen der Bundeswehr. Um Letztere geht es bei den von „Stern“ und DSN aufgeworfenen Zweifeln.
Der Verdacht, dass die BRD vor dem höchsten UN-Gericht gleich zu Beginn des Prozesses falsche Angaben gemacht hat, dürfte ihrer Glaubwürdigkeit nicht gerade zuträglich sein. Zudem kann man diese Affäre dahingehend interpretieren, dass die Herrschenden hierzulande ganz genau wissen, dass ihre Politik der „Staatsräson“ völkerrechtswidrig ist.
Wachsender Druck
Obwohl sie im herrschenden Diskurs in der Bundesrepublik weitgehend ignoriert wird, übt die Klage Nicaraguas offenbar nicht zu unterschätzenden Druck auf die deutschen Regierenden aus. Im Laufe des Jahres ging die Zahl der an Israel gelieferten Waffen stark zurück, ohne dass es dafür eine offizielle Begründung gab. Selbst die „Deutsche Welle“ vermutete allerdings, dass dies mit der Klage vor dem IGH zusammenhängen könnte.
Im August 2025 kündigte Bundeskanzler Merz dann an, keine Waffen mehr an Israel liefern zu wollen, „die in Gaza eingesetzt werden können“. Zwar wurde schnell klar, dass es lediglich darum ging, keine neuen Ausfuhrlizenzen mehr zu vergeben und bereits erlaubte Rüstungsexporte nicht betroffen waren. Selbst die israelische Marine erhielt neue Kriegsschiffe und U-Boote, obwohl sie eine zentrale Rolle bei der illegalen Blockade des Gaza-Streifens spielt.



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